Klimakrisen-Folgen zu Lebzeiten der derzeitigen Entscheider:innengeneration – in Deutschland

27.7.2021: 26 min – Spiegel TV: Zwischen Hoffnung, Wut und Trauer: Das Leben nach der Flut, https://youtu.be/XYW7dtOPOLo (Abrufdatum 28.7.2021)
Update 16.7.2021

Ein katastrophales Extremwetterereignis ist in diesen Tagen über viele Menschen in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, in Belgien, in Luxemburg und in den Niederlanden hereingebrochen. Ich bin tief betroffen und in Gedanken bei den Opfern, Hinterbliebenden und Betroffenen.

  • Im heutigen ARD-Brennpunkt wird ein kleiner Fluss namens Kyll erwähnt, der in der Ortschaft Kordel (Rheinland-Pfalz) normalerweise eine Höhe von 70 Zentimetern hat und dann in Folge extremer Regenfälle auf einen Pegel von 8 Metern anschwoll (vgl. Minute 11, vgl. n-tv 2021).1
  • Diese absurd erscheinende Zahl („8 statt 0,7m“) – sowie die Tatsache, dass mancherorts ganze Häuserzeilen regelrecht weggespült wurden – werden rational erfassbarer durch folgende Angabe der taz vom gleichen Tag: „Im Wolkenstau vor Eifel und Hohem Venn regnete es über 200 Liter pro Quadratmeter binnen 48 Stunden, mehr als sonst den ganzen Sommer.“
  • Manche Reporter*innen reden in diesen Tagen von einer Naturkatastrophe – richtiger ist hier m.E. von einer durch den Klimawandel begünstigten sowie darüber hinaus durch Flächenversiegelung beförderten anthropogenen Umweltkatastrophe zu sprechen.

https://youtu.be/38jyZ00cERE (Abrufdatum 17.7.2021)

Es ist schwierig/bedenklich, Katastrophen zu vergleichen, weil sich jegliche Relativierung verbietet. Es darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass uns vor rund zwei Wochen Bilder aus Japan erreichten von einer durch Extremregenfälle indizierten Schlammlawine – die ebenfalls ganze Häuserreihen mit sich riss, siehe rechts den kurzen Tagesthemen-Beitrag.

  • „In den zurückliegenden zehn Jahren gingen nach amtlichen Angaben jährlich im Schnitt fast 1.500 Erdrutsche in dem bergigen Inselreich ab – das sind fast doppelt so viele wie in den zehn Jahren zuvor“ (Tagesspiegel 2021).

>> Ausführlicher zu Extremwetterlagen siehe nachfolgendes Kapitel. Zum Extremregen von 2017 im Harz-Vorland siehe ganz unten auf dieser Webpage.


1 2003 hatte die Kyll in Kordel mit 4,82 m den bisherigen Rekord erreicht (vgl. n-tv 2021).

Quellen des Updates:


Es folgt das Kapitel



Klimakrisen-Folgen zu Lebzeiten der derzeitigen Entscheider:innengeneration – in Deutschland

Hitzeticker 2022

Eine kleine Auswahl von Zitaten aus ungezählten Kurzmeldungen aus dem „Liveblog Hitze“ der Zeit und dem „Liveblog zur Hitzewelle“ der Süddeutschen Zeitung im Juli und August 2022.

12.07.2022, 14:27 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

„Der Sommer in Europa hat gerade erst begonnen, und doch wurde Frankreich bereits im Juni von einer Hitzewelle heimgesucht, früher als je zuvor seit Beginn der offiziellen Aufzeichnungen. In Spanien wüten Waldbrände und in Norditalien herrscht eine Rekorddürre, die die Ernten ruiniert. Sogar im Januar mussten Wasserkraftwerke in Portugal wegen des anhaltenden Niederschlagsmangels abgeschaltet werden.“


12.07.2022 15:41 Johannes Süßmann Die Zeit Liveblog Hitze

„Durch den Klimawandel mitverursachte Überschwemmungen wie im Ahrtal seien in der Öffentlichkeit sehr präsent, sagte [Franziska] Matthies-Wiesler [vom Helmholtz Zentrum München]. Hitzetote hingegen ’sterben leise‘. Kaum ein großes Krankenhaus oder eine Universitätsklinik in Deutschland verfüge über konkrete Maßnahmepläne für den Hitzeschutz.“


14.07.2022 13:35 Kassian Stroh Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„An der französischen Atlantikküste nahe der Großstadt Bordeaux sind bereits mehr als 3.700 Hektar [=5.128 Fußballfelder] Land den Flammen zum Opfer gefallen [… und, über Portugal heißt es:] ‚Das ganze Land brennt‘, titelt die [portugiesische] Zeitung Jornal de Notícias.“


14.07.2022 14:34 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Europa brennt.“


14.07.2022 15:26 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

„Rund 80 Prozent der 299 Landkreise […] haben kein Hitzeschutzkonzept oder einen Hitzeaktionsplan entwickelt – obwohl Bund und Länder ihnen das vor mehr als fünf Jahren nahegelegt hatten.“


14.07.2022 18:16 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

Griechenland: „…brannten Wälder unkontrolliert. In den vergangenen sieben Tagen wurden landesweit 264 Waldbrände registriert. Seit dem 1. Mai – der Tag markiert für die Feuerwehr den Beginn der Brandsaison – wurden 2.454 Waldbrände gezählt. Die meisten werden schnell eingedämmt; schwierig wird es bei starkem Wind.“


15.07.2022 06:21 Philipp Saul Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„[Griechenland:] Allein in den vergangenen sieben Tagen gab es nach Angaben der Rettungskräfte 264 Waldbrände – seit Beginn der Brand-Saison Anfang Mai waren es fast 2.500.“ 


15.07.2022 10:31 Oliver Klasen Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„In ganz Italien herrscht seit Wochen große Hitze und extreme Trockenheit. Der Po führt extrem wenig Wasser und ist vielerorts nur noch ein kleines Rinnsal.“


15.07.2022 10:40 Katharina Heflik Die Zeit Liveblog Hitze

„Die italienischen Einsatzkräfte sind in diesem Jahr mit ungewöhnlich vielen Bränden konfrontiert. Durch die extreme Trockenheit und den Wind werden Wald- und Buschbrände begünstigt. Die Behörden in Bozen in Südtirol meldeten bereits doppelt so viele Feuer (40) in Wäldern wie sonst im Schnitt im gesamten Jahr. ‚Ein Viertel der Waldbrände wurde heuer vermutlich durch Zigarettenstummel verursacht‘, sagte der Landesrat für Forstwirtschaft, Arnold Schuler.“


15.07.2022 16:13 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

„Die britische Behörde für Meteorologie hat […] erstmals eine Hitzewarnung der Alarmstufe Rot ausgegeben. Die Warnung gilt für Montag und Dienstag, wenn die Temperaturen […] zum ersten Mal in der Geschichte auf bis zu 40 Grad Celsius steigen könnten. Selbst gesunden Menschen drohten dann ernste Schäden oder gar der Tod, hieß es.“


16.07.2022 7:18 Robert Gast Die Zeit Liveblog Hitze

„In Portugal kämpfen laut Zivilschutz derzeit 900 Feuerwehrleute gegen insgesamt zehn Waldbrände. Seit Jahresbeginn brannten bereits etwa ein Dutzend Häuser und mehr als 30.000 Hektar [=42.016 Fußballfelder] nieder.“


16.07.2022 10:33 Robert Gast Die Zeit Liveblog Hitze

„Acht Touristen sind im norditalienischen Adria-Badeort Bibione wegen eines Waldbrandes ins Meer geflohen und mussten dort von der Küstenwache gerettet werden. Der Brand brach […] am Freitagnachmittag aus und schloss die Wanderer offenbar so ein, dass die einzige Fluchtmöglichkeit in Richtung Wasser war.“


16.07.2022 15:51 Julian Erbersdobler Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

Opfer würden meist „Menschen, die wegen ihres hohen Alters oder einer Vorerkrankung bereits geschwächt gewesen seien […]. Am Freitag sei allerdings auch ein 60-jähriger Mitarbeiter der Straßenreinigung plötzlich zusammengebrochen. Notärzte hätten eine Körpertemperatur von 41,6 Grad gemessen. Der Mann sei noch in ein Krankenhaus gebracht worden, dort aber gestorben.“


16.07.2022 18:53 Sophia Reddig Die Zeit Liveblog Hitze

„Allein im Südwesten Frankreichs vernichteten die Brände nach Angaben der Behörden seit Dienstag mehr als 10.000 Hektar Wald [=14.005 Fußballfelder], rund 12.000 Menschen mussten bislang in Sicherheit gebracht werden.“


17.07.2022 13:41 Sarah Vojta Die Zeit Liveblog Hitze

„In Griechenland schätzt die Feuerwehr das Risiko für Waldbrände in vielen Teilen des Landes weiterhin als sehr hoch ein. Von Samstag auf Sonntag registrierten die griechischen Einsatzkräfte 119 Waldbrände. Die meisten Brände seien recht schnell gelöscht worden, manche würden sich jedoch zu Großbränden auswachsen.“


17.07.2022 16:46 Johannes Süßmann Die Zeit Liveblog Hitze

Rasensprenger verteilten in einer Stunde bis zu 800 Liter Trinkwasser, sagte [Gerd] Landsberg [vom deutsche Städte- und Gemeindebund]. ‚Das kann die Versorgungsinfrastruktur in manchen Regionen an ihre Grenzen bringen.'“


17.07.2022 18:43 David Rech Die Zeit Liveblog Hitze

„Nachdem Premierminister Boris Johnson gestern eine Krisensitzung zu dem Thema [Dauerhitze] geschwänzt hatte, sorgte sein Stellvertreter Dominic Raab nun für Empörung mit verharmlosenden Aussagen über die Hitze. Er erweckte den Anschein, sich über die Temperaturen zu freuen, die in der kommenden Woche erstmals seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in England die 40 Grad übersteigen könnten. ‚Wir sollten den Sonnenschein genießen‘, sagte er […]. Das Land sei widerstandsfähig genug, um mit der Hitze umzugehen. Es gebe keinen Grund, Schulen zu schließen.“


18.07.2022 06:00 Philipp Saul Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Neben immer wieder aufflammenden Waldbränden macht Italien auch der ausbleibende Regen zu schaffen. Der Bauernverband Coldiretti warnt vor Ernteverlusten von gebietsweise bis zu 70 Prozent. Obst und Gemüse verbrenne auf den Feldern. Betroffen seien Sorten von Paprika bis zu Melonen, Aprikosen, Tomaten und Auberginen.“


18.07.2022 10:19 Ivana Sokola Die Zeit Liveblog Hitze

„In ganz Griechenland verzeichnete die Feuerwehr von Sonntag auf Montag 108 Brände innerhalb von 24 Stunden.


18.07.2022 12:44 Dagny Lüdemann Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift „Europa im Feuersommer.“


18.07.2022 14:41 Sarah Vojta Die Zeit Liveblog Hitze

Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez: „[D]er ‚Klimawandel „tötet Menschen […], aber er tötet auch unser Ökosystem, unsere Biodiversität. Und er zerstört auch wertvollste Güter unserer Gesellschaft: ihre Häuser, ihre Wohnungen, ihre Unternehmen, ihren Viehbestand.‘ […] Insgesamt zerstörten die Brände in Spanien in den vergangenen Tagen nach amtlichen Schätzungen insgesamt 25.000 Hektar Wald [=35.014 Fußballfelder] sowie Dutzende Häuser, Läden und Fabriken. Tausende Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden, unzählige Tiere starben in den Flammen.“


18.07.2022 15:23 Alexander Eydlin Die Zeit Liveblog Hitze

„Die Waldbrände in Südwestfrankreich halten seit Dienstag an, mehr als 16.000 Menschen mussten schon zuvor in Sicherheit gebracht werden. Südlich von Bordeaux haben die Flammen bislang 14.800 Hektar Land [= 19.607 Fußballfelder] verbrannt.“  


18.07.2022 18:23 Johann Stephanowitz Die Zeit Liveblog Hitze

„Die extreme Hitze im Süden Englands hat am Londoner Flughafen Luton für erhebliche Störungen gesorgt[, da] die Oberfläche des Rollfeldes beschädigt worden [sei …] Laut einer Militärquelle ist [beim Militärflughafen Brize Norton] die Landebahn geschmolzen.


19.07.2022 0:00 Johann Stephanowitz Die Zeit Liveblog Hitze

„‚Wir brauchen dringend ein Krisenkonzept für Hitzeereignisse, die gerade Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern besonders belasten'[…]. Laut [der VdK-Präsidentin] Bentele sollte dieses Konzept alles ‚von der Medikamentenlagerung bis hin zu baulichen Maßnahmen wie Thermofenstereinbau und Verschattungssystemen‘ regeln.“

>> Ja, brauchen wir. Wir brauchen jedoch gleichzeitig auch ein zukunftsfähiges und generationengerechtes Konzept, damit die jungen bzw. die zukünftigen Generationen menschenwürdig auf diesem Planeten leben können.


19.07.2022 9:33 Claudia Thaler Die Zeit Liveblog Hitze

„Derweil kämpften Einsatzkräfte gegen zwei große Feuer in der Nähe von Bordeaux. Fast 1.700 Feuerwehrleute aus ganz Frankreich waren gegen die Brände im Einsatz. Mindestens 17.000 Hektar Wald [= 23.809 Fußballfelder] sollen zerstört worden sein.“ 


19.07.2022 10:29 Claudia Thaler Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „EU-Löschflugzeuge in Portugal, Frankreich und Slowenien im Einsatz.“

Die EU will angesichts der Häufung von Waldbränden Löschflugzeuge kaufen. ‚Die Flugzeuge werden von den Mitgliedstaaten beschafft, aber zu 100 Prozent von der Europäischen Union finanziert‘, sagte EU-Kommissar für Krisenschutz, Janez Lenarcic.“


19.07.2022 11:08 Claudia Thaler Die Zeit Liveblog Hitze

„Schwere Brände haben auf Kreta große Flächen landwirtschaftlich genutzten Landes zerstört. Bislang seien mehr als 1.850 Hektar [= 2.591 Fußballfelder] landwirtschaftlich genutztes Land verbrannt […]. ‚Es handelt sich hauptsächlich um Olivenbäume. Viele Menschen haben gar kein Einkommen mehr.'“


19.07.2022 11:22 Karin Geil Die Zeit Liveblog Hitze

„Die Feuer an der französischen Atlantikküste haben sich weiter ausgebreitet. […] In der Nacht musste ein Altenheim bei Teste-de-Buch geräumt werden. Insgesamt mussten im gesamten Gebiet mehr als 34.000 Menschen vorsichtshalber ihre Häuser und Wohnungen verlassen. In der Gegend wurden auch ein Zoo teilweise geräumt und etwa 370 Tiere in einem anderen untergebracht.“ 

>> Man mache sich klar: Katastropheneinsätze kosten jedes Mal Ressourcen und Energie – die wir Menschen tatsächlich künftig weniger zur Verfügung haben – wenn wir die Zivilisation bewahren möchten.


19.07.2022 12:17 Lisa-Marie Eckardt Die Zeit Liveblog Hitze

„Bundesbauministerin Klara Geywitz [stellt] […] das Programm ‚Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel‘ vor[] […], um neben der sozialen Entwicklung der Städte gezielt auch ihre Klimaresilienz zu fördern […]. ‚Wenn Quartiere saniert oder neu errichtet werden, gehören Frischluftschneisen, Parks und Flüsse dazu‘ [… So]. ‚machen wir unsere Städte für die Herausforderungen des Klimawandels fit.'“

>> Diese Ausdrucks- und Sichtweise „fit für den Klimawandel durch Investitionen“ provoziert mich.


19.07.2022 13:02 Oliver Klasen Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Wegen der hohen Temperaturen [von bis zu 40 Grad Celsius müssen [in den Niederlanden]… viele Straßen und Brücken gekühlt werden. Ein ungewohntes Bild bei der Rekordhitze sind Streuwagen auf den Straßen. Das Salz aber wird nicht wegen Glätte gestreut, sondern um den Asphalt zu kühlen […]. Das Salz entzieht der Luft Feuchtigkeit, und die wiederum kühlt den Asphalt ab. Auf diese Weise sollen Schäden verhindert werden.


19.07.2022 13:20 Bettina Schulz Die Zeit Liveblog Hitze

„Krankenhäuser ohne Klimaanlage und Bahnschienen, die sich verziehen: England spürt die Rekordhitze im Alltag. So müssen Operationen verschoben werden, weil viele Kliniken nicht klimatisiert sind. […] Spanien oder Saudi-Arabien verbauen Stahl, der mehr als 45 Grad aushält. In England wird es schon ab 35 Grad Celsius riskant für Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer.“


19.07.2022 14:38 Kassian Stroh Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„In Großbritannien haben die Temperaturen erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen die Marke von 40 Grad überstiegen. […] Schulen bleiben geschlossen, teilweise machen auch Geschäfte oder Restaurants dicht. Züge kommen nur mit großen Verspätungen voran oder fallen sogar ganz aus, weil die Infrastruktur nicht auf so hohe Temperaturen ausgelegt ist.“


19.07.2022 15:33 Kassian Stroh Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Seit einer Woche gibt es auch in Spanien vermehrt Waldbrände, sie haben dort seitdem mindestens 60 000 Hektar Wald [= 84.033 Fußballfelder] zerstört – eine Fläche zweimal so groß wie das Stadtgebiet München. […] In diesen zwei Provinzen […], sind seit Sonntag insgesamt rund 10 000 Menschen aus etwa 50 Ortschaften vor den Flammen in Sicherheit gebracht worden. Allein in Zamora machten zwei Brände bereits 30 000 Hektar Wald [=42.016 Fußballfelder] dem Erdboden gleich.“


19.07.2022 18:05 Oliver Klasen Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Wegen der Hitze in Belgien ist die Kapazität der Atommeiler Doel 1 und Doel 2 […] um die Hälfte reduziert worden. Es bestehe die Gefahr, dass das Kühlwasser zu warm werde.“


20.07.2022 02:12 Philipp Saul Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Zunehmende Trockenperioden stellten jedoch die Wasserwirtschaft vor Herausforderungen. Bei großer Hitze steige der [Wasser-]Bedarf der Haushalte um 40 bis 60 Prozent. ‚Die Menschen bewässern ihren Garten, duschen häufiger, und immer mehr Haushalte besitzen Pools, die mit mehreren Tausend Litern Wasser befüllt werden.‘ [so Martin Weyand, der für Wasser zuständige Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BDEW]. Das könne etwa Pumpen oder Speicher überfordern.“


20.07.2022 9:02 Julia Macher Die Zeit Liveblog Hitze

„Ein Kältestadtplan […]: Rund 200 schattige Schulhöfe, Parks, Bibliotheken, Stadtteilzentren: Das sind die offiziellen Klimarefugien, die Barcelona bereits Mitte Juli geöffnet hat. An diesen Orten finden die Menschen Schutz vor der Hitze.“


20.07.2022 14:17 Larissa Kögl Die Zeit Liveblog Hitze

In „Baden-Baden hat die Hitze die Ummantelungen von Stromkabeln zum Schmelzen gebracht. Daraufhin kam es heute Nacht zu einem großflächigen Stromausfall […]. Der Notruf sowie Ampelanlagen fielen aus, das Internet im gesamten Stadtgebiet sei gestört […]. Etwa 10.000 Menschen sind betroffen.“


20.07.2022 17:21 Celine Chorus Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

Überschrift: „Brände aus Italien erreichen Slowenien.“

„Die Waldbrände im Nordosten Italiens haben sich nun auch auf das slowenische Karstgebiet ausgeweitet… Italien half dem Nachbarland mit zwei Löschflugzeugen und zwei Helikoptern aus.“


20.07.2022 17:46 Xaver Bitz Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„In sechs Bundesländern sind nach vorläufigen Angaben […] die dort höchsten Temperaturwerte seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen worden… Spitzenreiter war um 15.30 Uhr Bad Mergentheim-Neunkirchen mit 40,3 Grad […]. Damit wurde auch der bisherige Rekord für Baden-Württemberg von 40,2 Grad in Freiburg im August vor 19 Jahren (13.8.2003) eingestellt. Außerdem wurden 40,1 Grad in Hamburg-Neuwiedenthal gemessen, was ein Rekord für Hamburg war, sowie 40,0 jeweils in Barsinghausen-Hohenbostel (Niedersachsen-Rekord) und Huy-Pabstorf (Sachsen-Anhalt-Rekord).“


21.07.2022 4:51 Anne Schwedt Die Zeit Liveblog Hitze

„Wir werden Flächen wie Parkplätze, Straßen und gepflasterte Plätze entsiegeln müssen und Platz schaffen für kühlendes Grün“, erläuterte [Dirk] Messner [vom Umweltbundesamt]. Dies helfe im Kampf gegen Hitze und Starkregen, verbessere allgemein die Lebensqualität und schaffe Platz für klimaschonende Mobilität wie den Radverkehr.“


21.07.2002 18:48  Ivana Sokola Die Zeit Liveblog Hitze

„In Europa haben Waldbrände in diesem Jahr bereits [jetzt, im Juli] mehr Fläche vernichtet als im gesamten Jahr 2021. So sind in der Europäischen Union seit Jahresbeginn 517.881 Hektar [=725.323 Fußballfelder] verbrannt – also etwas mehr als 5.000 Quadratkilometer […] Falls sich diese Tendenz fortsetzen sollte, könnte dieses Jahr an das [bisher schlimmste] Jahr 2017 heranreichen oder es sogar übertreffen.“


21.07.2022 19:09 Tobias Bug Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat seinen Hitzerekordwert für dieses Jahr nachträglich korrigiert: Die bisher höchste Temperatur sei am Mittwoch in Hamburg und nicht wie zunächst berichtet in Baden-Württemberg gemessen worden. Der bundesweit höchste Wert im Jahr 2022 wurde mit 40,1 Grad an der Messstelle Hamburg-Neuwiedenthal ermittelt, teilte der DWD mit.“


22.07.2022 11:33 Alena Kammer Die Zeit Liveblog Hitze

„Die italienische Feuerwehr [… hat in diesem Jahr bislang] landesweit mehr als 32.900 Einsätze gezählt, was etwa 4.000 mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres waren […]. Am häufigsten griffen die Feuerwehrleute bislang auf Sizilien und in Apulien ein.“


22.07.2022 13:44 Kassian Stroh Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

„Es komme immer wieder vor, dass ein Waldstück oder ein Feld bereits großflächig in Flammen stehe und dennoch ’stundenlang‘ über einen angeforderten Helikopter diskutiert werden müsse. ‚Das ist keine moderne Gefahrenabwehr“, kritisiert [Ulrich] Cimolino[, der Vorsitzende des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrverband …] Er spricht von einem ‚Behördenmikado‘. In manchen Bundesländern müssten in solchen Notlagen sogar noch Formulare ausgefüllt werden. Keine Feuerwehr in Deutschland verfüge über eigene Löschhubschrauber, sie würden bei Bundespolizei oder Bundeswehr angefordert, schildert der Waldbrand-Experte die Lage.“


22.07.2022 17:33 Jona Spreter Die Zeit Liveblog Hitze

„2022 ist für Spanien schon jetzt das verheerendste Waldbrandjahr seit Aufzeichnungsbeginn: In den ersten knapp sieben Monaten des Jahres hätten die Flammen mehr als 197.000 Hektar Wald [= 275.910 Fußballfelder] zerstört […]. Demnach wurde damit der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2012 übertroffen, als die Waldbrände 189.376 Hektar [= 265.232 Fußballfelder] vernichteten.“ 


23.07.2022 9:46 Leon Holly Die Zeit Liveblog Hitze

„In China wachsen die Sorgen vor den Auswirkungen der extremen Sommerhitze. Die […] Hitzewelle sei mit bislang zehn Tagen nun schon außergewöhnlich lang und betreffe zudem weite Teile der Region. Die Provinz Xinjiang ist zweimal so groß wie Frankreich […] In der Stadt Turpan […] werden in den kommenden 24 Stunden Spitzentemperaturen um die 45 Grad Celsius erwartet.“ 


25.07.2022 12:26 Johannes Süßemann Die Zeit Liveblog Hitze

„Die hohen Temperaturen und der entsprechend gestiegene Verbrauch für Klimaanlagen belasten die Stromversorgung in China. Mitte Juli produzierten die größten Kraftwerke des Landes […] so viel Energie wie nie zuvor. Manche Lokalverwaltungen haben inzwischen die Straßenbeleuchtung abgeschaltet und die Strompreise für Unternehmen erhöht.“


25.07.2022 12:51 Lisa-Marie Eckardt Die Zeit Liveblog Hitze

„Arbeiter stünden ‚an vorderster Front der Klimakrise‘ und müssten wegen ‚der immer größer werdenden Gefahr durch extreme Temperaturen‘ geschützt werden, teilte der ETUC mit.“ 


26.07.2022 17:18 Jona Spreter Die Zeit Liveblog Hitze

„Auch am Nachmittag waren die Feuer in Brandenburg und Sachsen noch außer Kontrolle. In Brandenburg brannte es auf einer Wald- und Wiesenfläche von 8,5 Quadratkilometern – das entspricht fast 1.200 Fußballfeldern. Bei Rehfeld […] unweit der sächsischen Grenze kämpften 450 Einsatzkräfte gegen ein 850 Hektar [=1.190 Fußballfelder] großes Feuer. Sorge bereiteten ihnen angekündigte Windböen bis 60 Kilometer pro Stunde. ‚Alles steht und fällt mit der Wetterlage‘ […]. ‚Wir reden hierbei von einem Baumkronenbrand, das Feuer läuft von Krone zu Krone und findet sehr viel brennbares Material wie Nadeln‘, sagte Haase. Das Feuer brenne über den Spitzen der Bäume in einer Höhe von bis zu 25 Metern. Dort seien die Windgeschwindigkeiten auch höher als am Waldboden, die Flammen könnten sich schneller ausbreiten.“


29.07.2022 13:56 Celine Chorus Süddeutsche Zeitung Liveblog zur Hitzewelle

Überschrift: „Temperaturen im Juli 2,3 Grad zu hoch – DWD spricht von einem Endlos-Sommer.“


02.08.2022 7:54 Katharina Heflik Die Zeit Liveblog Hitze

„Beim Waldbrand in der Sächsischen Schweiz hat sich die Lage auch in der zweiten Woche noch nicht entspannt. Das Feuer breche immer wieder aus, teilte der Sprecher des Landratsamtes Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Thomas Kunz, mit. Bei steigenden Temperaturen und Trockenheit werde auch die Flammenbildung stärker.“


02.08.2022 7:57 Katharina Heflik Die Zeit Liveblog Hitze

„Die schwüle Sommerhitze macht auch den Japanern schwer zu schaffen. Die Regierung Japans warnte die Bevölkerung vor der Gefahr durch Hitzeschlag. In weiten Teilen des Landes wurden die Menschen aufgerufen, genug Wasser zu trinken und sich in klimatisierten Räumen aufzuhalten.“


02.08.2022 14:25 Fabian Albrecht Die Zeit Liveblog Hitze

„In Griechenland haben Großbrände allein im vergangenen Juli eine Fläche von rund 13.000 Hektar [=18.207 Fußballfelder] zerstört. […] Der größte Waldbrand in Deutschland in den vergangenen Tagen in Brandenburg hat bis zu 800 Hektar erfasst. […D]ie 13.000 Hektar [machen] rund 60 Prozent der insgesamt in diesem Jahr abgebrannten Fläche aus, die mehr als 21.000 Hektar [=29.411 Fußballfelder] beträgt.“


03.08.2022 11:08 Leon Holly Die Zeit Liveblog Hitze

„Wegen der anhaltenden Trockenheit dürfen in den südenglischen Regionen Kent und Sussex vorerst keine Gartenschläuche und Rasensprenger mehr benutzt werden. Der Versorger South East Water kündigte ein temporäres Verbot an […]. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 1.000 Pfund (rund 1.200 Euro). In einer Mitteilung ließ [der Wasserversorger] South East Water verlauten, man habe täglich zusätzliche 120 Millionen Liter aufbereitet – so viel, als würde man vier zusätzliche Städte versorgen. Nun sehe man sich gezwungen, den Verbrauch zu beschränken. Damit wolle man den Alltagsgebrauch absichern und die Umwelt schützen[…].“


03.08.2022 16:22 Leon Holly Die Zeit Liveblog Hitze

„Bei der Verteilung des Süßwassers hat [in den Niederlanden] die Sicherheit der Deiche höchste Priorität. Sie drohen durch Trockenheit instabil zu werden.“


04.08.2022 10:59 Hohannes Süßmann Die Zeit Liveblog Hitze

„In China sind die Durchschnittstemperaturen über die letzten 70 Jahre fast doppelt so schnell gestiegen wie im Rest der Welt. […] In Teilen Chinas herrschen bereits seit Wochen Extremtemperaturen von mehr als 44 Grad. Besonders betroffen sind der Südwesten und der Norden des Landes. Insgesamt wurden an 131 Wetterstationen Temperaturen gemessen, die auf dem Niveau bisheriger Höchstwerte lagen oder diese übertrafen.“ 


05.08.2022 10:14 Ivana Sokola Die Zeit Liveblog Hitze

„Die französische Premierministerin Élisabeth Borne […:] ‚Diese Trockenheit ist die schlimmste, die in unserem Land jemals verzeichnet wurde‘ […]. Der Mangel an Regen werde durch aufeinanderfolgende Hitzewellen verschlimmert, die zum einen die Verdunstung verstärkten, aber auch den Bedarf an Wasser. […] In den kommenden zwei Wochen könnte die Situation anhalten oder sich noch verschlimmern.“


06.08.2022 11:07 Angelika Finkenwirth Die Zeit Liveblog Hitze

Sächsische Schweiz, Waldbrand: „Der Boden müsse [beim Löschen] in mühsamer und kräftezehrender Arbeit aufgerissen und dann stark gewässert werden. Schwere Geräte oder Fahrzeuge könnten in dem felsigen und steilen Gelände nicht eingesetzt werden. […] Das Feuer wandert in einer Tiefe von bis zu einem halben Meter weiter. […] Das Einsatzgebiet erstreckt sich auf eine Fläche von […] rund 210 Fußballfeldern. Ein Ende sei nicht in Sicht, solange nicht ergiebige Regenfälle die Arbeiten unterstützten. […] [F]ür die gesamte kommende Woche [wird] kein Regen erwartet.“


08.08.2022 6:22 Ivana Sokola Die Zeit Liveblog Hitze

Feuer „[i]m Berliner Grunewald […:] Ziel sei es momentan, den Gefahrenbereich ausgehend von dem auf einem Sprengplatz ausgebrochenen Brand zu verkleinern. […] Allerdings ist der Boden immer noch sehr heiß. Bisher gilt für die Feuerwehrleute ein Sicherheitsbereich von 500 Metern. Inzwischen ist aber der Einsatz von zwei Löschrobotern und einem Löschpanzer möglich.“ 


08.08.2022 19:49 Johnnes Süßmann Die Zeit Liveblog Hitze

„Laut dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem war das Jahr 2022 sowohl mit Blick auf die verbrannte Fläche als auch die Zahl der Feuer das bislang schlimmste in Spanien. Demnach wurden bei mehr als 370 Bränden bislang etwa 240.000 Hektar Land [=336.134 Fußballfelder] verbrannt.“


09.08.2022 12:58 Isabelle Daniel Die Zeit Liveblog Hitze

„Seit Mai liegen die Temperaturen in Italien 3,2 Grad Celsius über dem saisonalen Durchschnitt […]. Allein im Juli habe die landesweite Sterblichkeitsrate um 21 Prozent höher gelegen. […] Besonders stark stieg die Rate […] demnach in Latina mit einem Plus von 72 Prozent und im nahe Rom gelegenen Viterbo mit einem Plus von 52 Prozent.“ 


11.08.2022 12:54 Leon Holly Die Zeit Liveblog Hitze

„In Frankreich halten Hitze und Dürre weiter an. Die Loire, ein rund 1.000 Kilometer langer Fluss, führt stellenweise kaum noch Wasser – mancherorts kann man sie scheinbar sogar zu Fuß überqueren. Bilder […] nahe der Stadt Nantes [unweit der Mündung] zeigen ein fast gänzlich ausgetrocknetes Flussbett.“


11.08.2022 17:27 Anna-Lena Schlitt Die Zeit Liveblog Hitze

„Die Gletscherschmelze hat in der Schweiz einen [auf rund 2.800 Meter Höhe gelegenen] Pass teilweise freigelegt, der seit mindestens 2.000 Jahren mit Eis bedeckt war. Über dem Zanfleuronpass sei noch 2012 eine Eisdicke von 15 Metern gemessen worden […]. Der Pass werde bis Ende September wahrscheinlich vollständig eisfrei sein.“


12.08.2022 16:02 Anna-Lena Schlitt Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Französische Waldbrände setzen so viel CO₂ frei wie 790.000 Autos.“

„Die anhaltenden Waldbrände in Frankreich geben […] Höchstwerte an Kohlenstoff in die Atmosphäre ab. Die Feuer in der Region Gironde im Südwesten des Landes hätten von Juni bis August fast eine Million Tonnen CO₂ freigesetzt.“


16.08.2022 6:28 David Rech Die Zeit Liveblog Hitze

„Im Jahr 2053 könnten in den USA einer Studie zufolge mehr als 100 Millionen Menschen in Gebieten leben, in denen mindestens einmal im Jahr Temperaturen von rund 52 Grad Celsius erreicht werden. Forscher […] warnen […] vor der Entstehung eines ‚Extremhitzegürtels‘. […] Schon im kommenden Jahr dürften demnach 8,1 Millionen Menschen in entsprechenden Gebieten leben.“ 


16.08.2022 9:21 Lisa-Maria Eckardt Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Rheinpegel bei Emmerich erreicht Tiefststand von 0,0.“

„Der Pegelstand des Rheins in Emmerich kurz vor der niederländischen Grenze hat einen Tiefststand von null Zentimeter erreicht. […] Das sei ein Rückgang von vier Zentimeter im Vergleich zur Messung von gestern Morgen. Bereits am Montagmittag waren nur noch zwei Zentimeter gemessen worden.“


17.08.2022 13:00 Katharina Benninghoff Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Menschen im Südwesten Chinas wegen Dürre ohne Strom.“

„Im Südwesten Chinas [ist d]er Pegel in vielen Stauseen […] wegen der Hitze stark gesunken. Die Stromversorgung [durch Wasserkraft] werde dort heute für bis zu drei Stunden unterbrochen […]. In der Provinz Sichuan wird bereits seit Montag in 19 von 21 Städten der Strom für Fabriken rationiert. Der japanische Autobauer Toyota, aber auch einer der größten Batteriehersteller der Welt haben die Produktion zum Teil stillgelegt. […] In der Provinz Jiangxi wurden 140.000 Hektar Ernte [=196.078 Fußballfelder] vernichtet.


18.08.2022 11:00 Chi Nguyen Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Regenfälle sorgen für Erleichterung in Spanien.“ 

„Regenfälle haben die Lage bei den verheerenden Waldbränden in der spanischen Urlaubsregion Valencia vorerst stabilisiert. Die Ausbreitung der Brände habe gestoppt werden können und vielerorts seien die Flammen sogar erloschen […].“


18.08.2022 16:30 Max Skowronek Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Kronberg hat ein Wasserproblem – doch die Pools der Wohlhabenden sind voll.“

„Kronberg ist eine der wohlhabendsten Städte in Deutschland. Die Dichte an Millionärinnen und Millionären sowie Villen ist hier mit am höchsten in der Bundesrepublik. […] Während der Viktoriapark in Kronberg austrocknet, läuft das Wasser auf den Privatgrundstücken der Wohlhabenden. Trotz höchster Warnstufe verbrauchen sie für die Bewässerung ihrer Gärten sowie das Füllen ihrer Pools zu viel Wasser.“


19.08.2022 6:50 Chi Nguyen Die Zeit Liveblog Hitze

„An der französischen Côte d’Azur macht sich die anhaltende Dürre in Frankreich bemerkbar. Die vielen Touristen verstärken den Wassermangel noch mehr. In […] den fast 90 […] Gemeinden im Departement Var gilt die höchste Dürre-Alarmstufe. Die Pegelstände der Flüsse haben Tiefstwerte erreicht. Dem französischen Wasserinformationszentrum zufolge verbrauchen Franzosen im Urlaub besonders viel Wasser. Sind es normalerweise 148 Liter Wasser am Tag, liegt der Wert im Urlaub bei 230 Litern täglich.“


19.08.2022 12:41 Konstantin Zimmermann Die Zeit Liveblog Hitze

„Wegen der extremen Trockenheit [und Temperaturen bis 45 °C] ist der chinesische Fluss Jangtsekiang nur noch halb so breit wie üblich. In der Millionenstadt Chongqing dürfen Fährschiffe den Fluss nicht mehr überqueren. Das Flussbett ist größtenteils freigelegt. […] In China hat es noch keinen derart trockenen Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen […] gegeben. […] Tausende Unternehmen, […], mussten ihre Produktion für mehrere Tage stoppen.“


23.08.2022 5:41 Sophia Boddenberg Die Zeit Liveblog Hitze

„Der Europäischen Dürrebeobachtungsstelle [der Europäischen Kommission] zufolge wird für 47 Prozent des europäischen Gebiets vor Dürre gewarnt. Darüber hinaus sei der Zustand bereits auf 17 Prozent der Fläche alarmierend. Die Dürre habe stark negative Auswirkungen auf die Ernte von Sommerkulturen, am stärksten betroffen seien Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen.“


23.08.2022 5:55 Sophia Boddenberg Die Zeit Liveblog Hitze

„Wie chinesische Staatsmedien berichteten, durften die meisten Einkaufszentren in der südwestchinesischen Metropole Chongqing [aufgrund von Stromknappheit] nur noch zwischen 16 und 21 Uhr öffnen, um so den Stromverbrauch von Klimaanlagen zu reduzieren.“


24.08.2022 14:46 Isabelle Daniel Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Rheinland-Pfalz warnt vor Kontakt mit Mosel-Wasser.“

„In der Mosel gibt es so viele Blaualgen wie noch nie. Der für das Badeverbot maßgebliche Grenzwert von 75 Mikrogramm Blaualgen-Chlorophyll A pro Liter werde teilweise um das Doppelte überschritten […] Es werde dringend geraten, Gewässer- und Uferbereiche mit deutlich grüner Färbung zu meiden und nicht in Kontakt mit dem Wasser zu kommen. Keinesfalls solle das Wasser getrunken oder verschluckt werden. [A]uch Hunde und Pferde [seien] vom Wasser fernzuhalten.“


26.08.2022 13:27 Alexander Eydlin Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift „Amazonas: So viele gleichzeitige Brände wie zuletzt vor 15 Jahren.“

„Wie die brasilianische Weltraumbehörde Inpe mitteilte, zeigten Satellitenbilder am vergangenen Montag 3.358 Brände in der Regenwaldregion.“


26.08.2022 16:09 Lisa-Marie Eckardt Die Zeit Liveblog Hitze

Überschrift: „Waldbrände in Australien vergrößerten das Ozonloch.“

„Die Waldbrände in Australien in den Jahren 2019 und 2020 haben […] bedeutend zur Vergrößerung des Ozonlochs beigetragen. ‚Millionen Tonnen Rauch und Gas‘, die durch die Waldbrände in Australien freigesetzt worden seien, seien in die obere Troposphäre und die untere Stratosphäre eingedrungen […] Die[s …] führte demnach zu einer Erwärmung der Stratosphäre […, die] zu einer Ausweitung des Ozonlochs über der Antarktis auf eine neue Rekordgröße geführt [habe].“

Innerhalb dieses Themenbereichs ‚Klimakrisen-Folgen‘ vermeide ich gewöhnlich bewusst die Nennung von Celsius-Durchschnittswerten:

  • Viele Menschen neigen dazu, innerlich die genannte Gradzahl auf die typischen Sommertemperaturen – auf ihre alltäglichen ‚Erfahrungswerte‘ – draufzuschlagen und sind dann: eher beruhigt.

Doch besteht definitiv kein Grund zur Beruhigung.


Klimaforscherin Friederike Otto dazu:

  • „Um es zugespitzt auszudrücken: Die veränderte globale Mitteltemperatur bringt niemanden um. Jedenfalls nicht direkt. Wohl aber durch ihren Einfluss auf das Wetter“ (2019, 29).


Durchschnittstemperaturen
verschweigen, dass mit zunehmender (Wärme-)Energie eine höhere Neigung zu stärkeren Extremwetterereignissen besteht, u.a. zu mehr, längeren und wärmeren Hitzewellen1, aber auch zu Extremniederschlägen:

  • Der Sommer 2018 war eine leise Andeutung dessen, was auf uns zukommt mit dem Zeithorizont 2050, also zu einer Zeit, in der die derzeitigen Entscheider*innengenerationen der Jahrgänge 1960 und jünger noch durchaus präsent sein werden – und Temperaturen aushalten werden müssen, an die sie in jungen Jahren nicht gewöhnt wurden und die sie als dann ältere/alte Menschen umso schlechter vertragen werden können.
  • Dies gilt übrigens auch, wenn wir sofort global quasi sämtliche CO₂-Emissionen unterbinden würden:2 Dieser Zug ist bereits abgefahren.
    • Um ein anderes Bild zu zeichnen: Das Klima ist wie ein riesiger Ozeandampfer oder wie ein Mega-Containerschiff: Einmal in Schwung, hat es einen langen, langen Bremsweg.3

      In diesem Bild bleibt auch Stefan Rahmstorf:
    • „Das Klimasystem ist ein träges System. Es erinnert an die Titanic, die auf den Eisberg zufährt. Legen wir erst zehn Meter vorher das Ruder um, ist es zu spät“ (zit. in Klimaschutz Baustelle 2018).
  • Mittels eines anderen Ansatzes verdeutlicht eine Studie der ETH Zürich die für 2050 in diversen Städten/Regionen Deutschlands zu erwartenden klimatischen Veränderungen:
1:30 min – Angèle: „On est dans la merde jusqu’au cou“ [„Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße“] – Song ohne Titel, veröffentlicht auf instagram angesichts von 42° Celsius im Sommer 2019

Herausgegriffen:

„Ort (Erhöhung der Durchschnittstemperatur im wärmsten Monat) >> 2050 Klima wie in… in 2018″:

  • Berlin (+6,1 °C) >> Canberra
  • Hamburg (+5,4°) >> San Marino
  • München (+4,6°) >> Mailand
  • Amsterdam (+3,4°) >> Paris | Barcelona (+3,4°) >> Adelaide | Edinburgh (+4,3°) >> Paris | Kopenhagen (+5,0°) >> Paris | Marseille (+5,2°) >> Algier | Stockholm (+5,9°) >> Budapest (Spiegel 2019)


2050 werden die jetzigen Fridays For Future-Kinder und -Jugendlichen zwischen ca. 47 +-5 Jahre alt sein.


>> In der nachfolgenden Quelle sind bereits erfolgte Veränderungen und Ihre Folgen in Städten/Regionen nachzulesen:
> Kayser-Bril, Nicolas u. Wallentin, Leonard (2019): „Interaktive Karte zur Erderwärmung: So stark trifft der Klimawandel Ihren Ort“. in: Der Spiegel, 24.9.2018, online unter https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-wetter-analyse-fuer-ueber-500-staedte-in-europa-a-1224569.html (Abrufdatum 12.7.2019) >> s.a. Aspekt Urban Heat Islands S. 125f.

Details: Erläuterungen zu (1) bis (3)

1 In den USA arbeitet eine „stiftungsfinanzierte Allianz“ (Stöcker 2020) daran, „dass Hitzewellen künftig Namen bekommen, so wie Hurrikane. Im Kern geht es dabei um ein psychologisches Ziel: Hitzewellen sollen endlich als die Gefahr ins öffentliche Bewusstsein dringen, die sie tatsächlich darstellen“ (ebd.).

2 Graeme Maxton dazu: „Das Klimasystem reagiert … nur langsam auf Veränderungen. Deshalb wird die Temperatur auch dann, wenn die Menschheit keine Emissionen mehr produziert, noch viele Jahre weiter steigen“ (2020, 27); vgl. dazu die physikalischen Eigenschaften von CO2 & Co, die einige Jahrzehnte bis viele Jahrhunderte in der Atmosphäre verbleiben, s. Abschnitt Die Physik des Klimawandels: Treibhausgase, S. 145).

3 Das bedeutet auch, dass es „sehr lange dauern [wird], bis sich ein merklicher Effekt einstellt, nachdem die Menschheit radikale Veränderungen eingeführt hat“ (Maxton 2020, 33).

In diesem Zusammenhang passt die folgende Zahl:

  • „Im sog. ‚Jahrhundertsommer‘ 2003 sind europaweit 70.000 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben.“ (Rahmstorf/Schellnhuber 2018, 69)


Im Einklang mit diesem Zitat statuiert die EuroHEAT-Studie:

  • „In der europaweiten EuroHEAT-Studie zu den Auswirkungen von Hitzewellen auf die Mortalität in Großstädten wurden während Hitzewellen Werte der Übersterblichkeit zwischen 7,6 und 33,6%, in extremen Einzelfällen auch über 50% gefunden“ (Brasseur et al. 2017, 139).


Die Klimaforscherin Friederike Otto dazu:

  • „Die Bestattungsinstitute in Paris waren so überfüllt, dass auf dem Großmarkt Rungis ein Kühllager für Lebensmittel zur Leichenhalle umgewidmet wurde“ (Otto 2019, 103).
  • Berlin im Sommer 2018 = 490 Hitzetote (laut Robert-Koch-Institut, vgl. Evers 2019, 98)


Noch einmal zu den genannten 70.000 Hitzetoten im Jahr 2003:

  • „Stellen Sie sich mal vor, Terroristen würden in Europa 70.000 Menschen umbringen – wir wären bereit, den Rechtsstaat aufzugeben, nur um dagegen anzukämpfen! Bei einer extremen Hitzewelle aber zucken die Leute mit den Schultern“ (Rahmstorf 2018).
…mehr

Beim finalen Lektorat ist mir aufgefallen, dass es einen weiteren Lebensbereich gibt, der eine skandalöse Opferzahl hervorbringt, das mit gesamtgesellschaftlichem Schulterzucken bedacht wird: Gemeint ist der Bereich ‚Verkehrsopfer‘, vgl. Abschnitt Thema ‚Verkehrsopfer inkl. Luftverschmutzung‘: Direkte Opfer des Motorisierten Individualverkehrs (MIV), S. 300.


Machen wir uns klar:

Hitze kann man nicht wirklich ausweichen. Da helfen letztlich auch keine Klimaanlagen: Irgendwann muss man mal raus.

Logischerweise haben sich in Deutschland im Sommer 2018 die Verkäufe von Klimaanlagen deutlich erhöht:

  • „‚Mit jeder Hitzewelle entscheiden sich mehr Menschen zum Kauf‘, sagt Energieexpertin Tanja Kenkmann“. Und „Energietechnologieexperte John Dulac von der Internationalen Energieagentur (IEA) sagt: ‚Viele Deutsche arbeiten heute in klimatisierten Büros und fahren klimatisierte Autos – so wollen sie diese Temperaturen auch zu Hause‘“ (Spiegel 2018).

>> Die Welt gibt nunmehr Tipps, wie man für seinen Haushalt die richtige Klimaanlage findet (29.7.2019). Eine Boulevardzeitung fordert im Juli 2019 konkreten Klimaschutz unter der Überschrift „Tödliche Gluthitze in den Altenheimen“: „Schützt endlich unsere Omis und Opis mit Klimaanlagen“, so gesehen auf Seite 1 des in Deutschland meistgelesenen Boulevardblattes am 27.7.2019).

>> Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Höhere Temperaturen führen zu mehr Klimageräten führen zu höherem Stromverbrauch führt in der fossilen Welt zu mehr CO₂ und damit zu höheren Temperaturen.

>> Hinzu kommen die bislang i.d.R. klimaschädlichen Kühlflüssigkeiten in der Klimaanlage, die durch Beschädigung oder nicht fachgerechte Entsorgung in die Atmosphäre gelangen können – also realistisch betrachtet viel zu oft tatsächlich in die Atmosphäre gelangen. Es gibt funktionierende klimaschonende, alternative Kühlflüssigkeiten, die sich aber bislang nicht durchgesetzt haben (vgl. Hoferichter 2019).

>> Seit einigen Jahren „stoßen EU-Fahnder oder Zollbehörden … auf Behälter mit geschmuggelten Kältemitteln… Dem steht jedoch ein Vielfaches an illegalen Importen gegenüber, die unentdeckt bleiben. [Unlängst] stellten im Hafen von Rotterdam [Fahnder] 14 Tonnen sogenannter teilfluorierter Kohlenwasserstoffe (HFKW) aus China sicher, die illegal in die EU eingeführt werden sollten… [D]er Schwarzmarkt für HFKW-Kältemittel[, der vornehmlich von organisierter Kriminalität betrieben wird, hat geschätzt] ein Volumen von bis zu einem Drittel des legalen Marktes… [D]as Volumen der jährlich illegal importierten HFKWs in die EU [entspricht] einem CO[2]-Äquivalent von bis zu 34 Millionen Tonnen“ (Diermann 2020). Treibhausgas-Emissionen Deutschlands 2018 = 858,4 Mio t CO₂e (vgl. S. 76).
Das sind weitere 34 Mio t CO2e = ca. 4% des ‚offiziellen‘ CO2e-Emissionen Deutschlands, die in keiner Statistik auftauchen, die jedoch potenziell (irgendwann in der Zukunft) die Atmosphäre belasten. Es ist davon auszugehen, dass solche illegalen Importe auch in andere Häfen, Staaten und Kontinenten stattfinden, sodass die Dimension dieses Aspektes nicht unterschätzt werden sollte. Dieser illegale Handel ist zudem ein Hinweis darauf, dass mit zunehmender klimaschützender Regulierung auch die Bestrebungen selbige zu unterlaufen zunehmen (werden) – weil hier Geld gespart/ generiert werden kann. Damit ist auch angedeutet, dass Klimaschutz nur funktionieren kann, wenn Regulierungen auch überprüft bzw. durchgesetzt werden: Jobs, Jobs, Jobs.  

>> vgl. Aspekt illegale FCKW-Produktion, S. 148f.


Nebenbei: Ich gehe davon aus, dass in die Klimapläne Deutschlands der künftige Mehrbedarf an Energie bzw. an (bis auf Weiteres) treibhausgashaltigen Kältemitteln für Klimaanlagen bislang nicht eingerechnet ist.


>> Interessant: „China und Südkorea beschlossen, öffentliche und staatliche Gebäude nie auf weniger als 26 Grad zu kühlen“ (Spiegel 2018).

>> Ikea macht derweil im Mai 2020 TV-Werbung für ein Klima-Anpassungsprodukt in Form von einem kühlenden Kissen, die in den deutschen Tropennächten (vgl. S. 125) das nächtliche Wohlbefinden steigern sollen (vgl. IKEA 2020).


Quellen des einleitenden Abschnitts



Die konkreten Folgen der Klimakrise in Deutschland für die derzeitige Entscheider*innengeneration:

Das Eingangskapitel basiert im Wesentlichen auf Fakten aus dem 350-seitigen Ergänzungsbericht Klimawandel in Deutschland. Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven (Brasseur et al. 2017) zum fünften Sachstandbericht des Weltklimarates (IPCC):

Temperaturen: Abnahme der Frosttage; Hitzewellen und Tropennächte

Abnahme der Frosttage:

Man geht bei einer „gemäßigten Entwicklung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen … davon aus…, dass die Zahl der Frosttage im Vergleich zum Bezugszeitraum 1971-2000 bis zum Ende des 21. Jahrhunderts abnehmen wird: um voraussichtlich rund 30 Tage pro Jahr im nordwestdeutschen Bereich und um bis zu 50 Tage pro Jahr in der Alpenregion. Für den Fall eines hohen Treibhausgasausstoßes … ergeben sich sogar Werte zwischen 40 und 70 Tagen pro Jahr“ (Brasseur et al. 2017, 51).

  • Erinnert sei dazu, dass 30 Tage ein Monat sind und somit vom althergebrachten Frostwinter im nordwestlichen Deutschland nichts übrig bleibt.

„The Snow Must Go On!“
>> Gesehen auf einem Plakat beim globalen Klimastreik am 25. März 2022.

Friederike Otto hebt hervor, dass das Ausbleiben von Kältewellen – gefühlt ein Nicht-Ereignis – es kaum in die Schlagzeilen schafft:

  • „Über Kälte wird nur dann gesprochen, wenn es dann doch mal richtig kalt wird. Dabei sollte man es viel stärker thematisieren, dass unsere Winter aufgrund des Klimawandels immer milder und Frosttage zunehmend selten werden. … Wenn es allerdings einen ganzen Winter lang keinen Frost gibt, hat das gravierende Konsequenzen… Parasiten treten häufiger auf, die Nutztieren und Getreide, Obst und Gemüse zusetzen – um sie in Schach zu halten, kippen die Bäuer*innen dann umso mehr Pestizide auf die Felder und Äcker. Ein weiteres Problem: Viele Nutzpflanzen sind darauf programmiert, nach dem Frost zu knospen und zu blühen. Oder, wenn es keinen Frost gibt, eben nicht“ (2019, 107-108).


Hitzewellen und Tropennächte:

Die Häufigkeit von ‚gemäßigten Hitzewellen‘ steigt bei einem mittleren Szenario „bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in Deutschland weitverbreitet um das 6- bis 18-fache an. In der Alpenregion könnte die Zunahme sogar noch größer ausfallen.

  • Zudem ist davon auszugehen, dass auch die Intensität von Hitzewellen in Mitteleuropa zukünftig deutlich zunehmen wird“ (Brasseur et al. 2017, 52).
  • Die Autor*innen ergänzen, dass die deutlich vermehrt auftretenden sog. Tropennächte aus medizinischer Sicht besonders relevant seien (vgl. ebd., 51). Dies gelte erst Recht für „Städte[, die auch heute schon] bis zu 10 °C wärmer als ihre Umgebung sein können“ (ebd., 139), sodass man von Urban Heat Islands (vgl. ebd., 226) spricht.
  • Die derzeit in Deutschland erfolgende extreme Nachverdichtung der (Groß-)Städte wirkt hier stark problemverschärfend.

Die Attribution Science konstatiert für die oben beschriebene 70.000-Opfer verursachende Hitzewelle von 2003 (!) bereits eine Verdopplung der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses in Europa.

  • „Sommer wie diese – sie sind gekommen um zu bleiben“ (Otto 2019, 130).

Apropos „Ab in den Süden…“: Marianne Wellerhoff 2022 im Spiegel:

Wir sind „nach Südfrankreich gefahren,… zu dem … Bauernhof, wo ich als Teenager mit meinen Eltern war. Eine wunderschöne Anlage auf einem Bergrücken, so hatte ich es in Erinnerung, abgelegen und ruhig, und ich sah das Bild vor mir, wie meine Eltern … im Schatten riesiger Bäume sitzen und lesen. Alles war wirklich so, wie ich es in Erinnerung hatte… Natursteinmauern, Dachziegel… Blick ins Tal, die liebevoll eingerichteten Räume… Und doch war etwas ganz anders. Unangenehm anders. Es war wahnsinnig heiß. Und wahnsinnig trocken. Das Gras war nicht nur braun, es knisterte unter den Füßen. Die Bäume standen zwar noch genauso imposant im Garten und warfen große Schatten, aber unter ihnen entspannt zu lesen war undenkbar.“

Hagen Rether 2009:

„Hab‘n wir’s geschafft, hä?
Sind wir so lange mit dem Flieger in den Süden geflogen bis es warm genug wurde, dass wir hier bleiben können.“


Höhere Temperaturen sind mehr als ‚mehr Wärme‘:

  • „Die Überwärmung des urbanen Bodens kann für Stadtbewohner … negativ sein,… weil es durch die höhere Temperatur in einer Vermehrung hygienisch relevanter Mikroorganismen kommen kann, wodurch die Qualität des Trinkwassers herabgesetzt wird“ (Brasseur et al. 2017, 226).
  • „Die gesundheitlichen Risiken von thermischen Belastungen können [gerade in Städten] durch eine verringerte Luftgüte bei erhöhten Konzentrationen von Stickoxiden, Ozon und Feinstaub verstärkt werden“ (ebd., 139).

Doch mit diesen beiden Aspekten sind die möglichen und erwartbaren gesundheitlichen Probleme und Risiken nicht annähernd umrissen – und bedürfen eines eigenen Abschnitts:


Gesundheit: Die Klimakrise ist ein medizinischer Notfall

Zu den möglichen und erwartbaren unmittelbar hitzebedingten akuten gesundheitlichen Problemen und Risiken kommt die zunehmende Verbreitung von Krankheiten, die temperaturbedingt in der Vergangenheit nur weiter südlich vorkamen (vgl. Warnsignal Klima 2019a).


Neben der wachsenden Gefahr Allergien zu bekommen…

…sind Zecken, die Borreliose und Hirnhautentzündung/FSME verursachen können, das wohl bekannteste Beispiel für neue bzw. klimabedingt höhere gesundheitliche Risiken:

  • „Die Verbreitung der Zecken nach Norden wird durch die globale Erwärmung und die milden Winter begünstigt“ (Warnsignal Klima 2019b).
  • „Vergleicht man die durchschnittlichen FSME-Inzidenzen der Zeiträume 1974/1983 und 1994/2003 in den 10 wichtigsten FSME-Ländern so stellt man eine Steigerung auf 411% fest“ (Warnsignal Klima 2019c).
  • „Dauerte die Zeckensaison früher von etwa März bis Ende Oktober, so sind die Spinnentiere [=Zecken] inzwischen ganzjährig aktiv, wie der Jenaer Zeckenforscher Jochen Süss sagt. ‚Bei Bodentemperaturen ab sieben Grad marschieren sie los‘“ (Spiegel 2020a).

>> Eine gute Übersicht über ‚Zecken in Deutschland‘ bietet der Spiegel-Artikel „Wo die Zeckengefahr am größten ist“ von Irene Berres vom Juli 2021 [paywall].

  • Im Juni 2019 schrieb die Zeit: „Tropische Zeckenart überwintert erstmals in Deutschland: Nach dem Fund von sechs Exemplaren halten es Wissenschaftler für möglich, dass sich die [fast zwei Zentimeter große] Hyalomma-Zecke in Deutschland ansiedelt. Die Art überträgt ein gefährliches Virus…[, dass das] Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber verursacht. Diese Viruskrankheit ist die am weitesten verbreitete Viruskrankheit des Menschen, die durch Zecken übertragen wird. Zehn bis 40 Prozent der Erkrankungen enden tödlich, einen Impfstoff gibt es bisher nicht“ (Zeit 2019a).
    • Eher unangenehm: „Anders als europäische Zecken jagt die Hyalomma-Zecke aktiv und kann Warmblüter über mehrere hundert Meter verfolgen“ (ebd., s.a. auch Schumann 2018).
    • Doch gilt: „Eine Infektion ist allerdings nur möglich, wenn die Zecken zuvor Blut von einem Wirt gesaugt haben, der mit dem Virus infiziert war. Das ist in Deutschland unwahrscheinlich. Hierzulande wurden bisher nur vereinzelte eingeschleppte Fälle der Krankheit nach Reisen bekannt“ (Spiegel 2020a).

Auch invasive (=eingewanderte) tropische Mücken siedeln sich zunehmend an:

  • „Um sich mit dem Dengue-Virus, dem Zika-Virus oder dem Chikungunya-Virus zu infizieren, muss man längst nicht mehr in die Tropen reisen… ‚Der Sommer 2018 brachte nicht nur eine Hitzewelle mit sich – sondern auch neue Krankheiten‘, sagt Renke Lühken, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. So konnte 2018 erstmals die Übertragung des Westnil-Virus‘, das für das sogenannte Westnil-Fieber verantwortlich ist, nachgewiesen werden“ (BR24 2019).


In der 2019er Filmreportage ‚Wetter extrem – Hitzewellen und Wassermassen‘ des NDR (Teil 2, ab ca. Min 19) wird letzterer Aspekt möglicher Übertragungen des tropischen West-Nil-Virus‘ genauer behandelt:

  • „Seit der Jahrtausendwende fühlt sich … die Asiatische Tigermücke auch bei uns in Europa wohl… [Die Viren-Forscherin Anna Heitmann vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin untersucht,] ob unsere deutschen Mücken in der Lage sind, tropische Viren zu übertragen. Andererseits untersuchen wir dann auch im Vergleich tropische Mücken [zur Beantwortung der Frage unter] welche[n] klimatischen Bedingungen … die Viren sich in der Mücke vermehren, sodass eine Übertragung stattfinden kann‘… Mit diesem Verfahren kann Heitmann sehen, ab welcher Temperatur Viren in den Mücken überleben… Es gibt in Europa das West-Nil-Fieber-Virus, das letzten Sommer [, d.h. 2018,] einen großen Ausbruch in Europa hatte – da sind über 200 Menschen dran gestorben innerhalb von ganz Europa – und wir konnten in unseren Untersuchungen zeigen, dass die deutsche Hausmücke das [West-Nil-Fieber-Virus] übertragen kann‘ und zwar, wenn es über einen längeren Zeitraum deutlich über 24 Grad heiß ist. ‚Und das ist eben letztes Jahr[, d.h. 2018,] durch den langen warmen Sommer möglich gewesen und deshalb hatten wir die ersten Fälle auch in Deutschland, zum Glück nur bei Vögeln und Pferden… [und bei kommenden heißen Sommern] können [wir] nur hoffen, dass es nicht auch Humanfälle gibt innerhalb von Deutschland.‘“

>> Auf dem Webportal Mückenatlas.com kann man mittels einer interaktiven Karten die Ausbreitung der asiatischen Buschmücke zwischen 2012 und 2016 sehen: https://mueckenatlas.com/unsere-forschung/#verbreitung/ (Abrufdatum 4.9.2019) (etwas hinunter scrollen, rechts kleine Karte anklicken).


Update September 2020:

Nachdem 2019 erstmals innerhalb Deutschland (mindestens) drei Menschen per Mückenstich an West-Nil-Fieber erkrankt waren, haben sich nunmehr mit Stand September 2020 nachgewiesenermaßen zehn Menschen innerhalb Deutschlands (konkret Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin) mit dem West-Nil-Fieber infiziert – drei von ihnen liegen mit Gehirnhautentzündung im Krankenhaus.

  • „Bei unter einem Prozent aller Betroffenen – in der Regel bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen – kommt es zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) oder seltener zu einer Entzündung des Gehirns (Enzephalitis), die tödlich enden kann“ (Spiegel 2020c).

Daraus ist abzuleiten, „dass sich noch Hunderte weitere Menschen infiziert haben, ohne dass die Erkrankung erkannt wurde“ (ebd.)


Und die Hitze sorgt über die eingangs gemachten Bemerkungen hinaus im weltweiten Maßstab für weitere Erkrankungen und Todesfälle:

  • „Vor Kurzem erst hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgerechnet, dass in den Jahren 2030 bis 2050 mit ungefähr 250.000 zusätzlichen Todesfällen durch die Erderwärmung zu rechnen sei. Nicht in dem genannten Zeitraum über zwei Dekaden, sondern in jedem Jahr. Dazu gehören die sogenannten nicht übertragbaren Leiden wie Herzinfarkt, Kreislaufversagen, Niereninsuffizienz, Hitzschlag“ (Bartens 2019, 2).


Zusammenfassend formuliert eine britische Medizin-Fachzeitschrift:

  • „Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für die globale Gesundheit des 21. Jahrhunderts.“ (zit. in Evers 2019, 98)


Die Inhaberin des einzigen Lehrstuhls für Klimawandel und Gesundheit in Deutschland, die Epidemiologin Sabine Gabrysch, bestätigt diese Aussage und führt aus:

  • „Leider ist die Schwere dieser Diagnose noch nicht richtig verstanden worden in der Gesellschaft. Die Klimakrise ist ein Thema, dass erste Priorität haben muss. Wir haben es hier nicht mit einer leichten Grippe zu tun…, sondern mit einem planetaren medizinischen Notfall“ (Evers 2019, 98).


Die medizinische Fachzeitschrift The Lancet hebt im Herbst 2019 gemeinsam mit 120 Wissenschaftler*innen von 35 Institutionen hervor, dass insbesondere die Gesundheit von Kindern durch die Gefahren, die mit den steigenden Temperaturen der Klimakrise einhergehen, gefährdet ist,

  • „weil sich ihr Körper und ihr Immunsystem noch in der Entwicklung befinden“ (Baier 2019). Es fallen dann die Stichwörter Vibrio-Bakterien, Cholera, Dengue, West-Nil-Virus, Unterernährung inkl. geschwächtes Immunsystem, Luftverschmutzung inkl. Asthma, Allergien und, wenig überraschend: Hitze.
    • „Wenn es nicht gelingt, die Klimakrise zu stoppen, wird ein Kind, das heute zur Welt kommt, an seinem 71. Geburtstag in einer Welt leben, die durchschnittlich vier Grad wärmer ist als heute“ (ebd., vgl. auch Weber 2019).


Eigentlich geht die UN von einem Einpendeln der Weltbevölkerung von etwa 11 Milliarden Menschen im Jahr 2100 aus (vgl. Abschnitt 11 Milliarden Menschen, S. 613). Doch diese Schätzung geht von einer klimatisch nicht desaströsen Entwicklung aus. Würde sich die Menschheit im Jahr 2100 in einer drei bis vier Grad wärmeren Welt befinden, fallen die Schätzungen zur Anzahl der existierenden Menschen komplett anders aus:

  • „Kevin Anderson considers that ‚a 4°C future [relative to pre-industrial levels] is incompatible with an organized global community, is likely to be beyond ‚adaptation‘, is devastating to the majority of ecosystems, and has a high probability of not being stable‘… He says: ‚If you have got a population of nine billion by 2050 and you hit 4°C, 5°C or 6°C, you might have half a billion people [=500 Mio] surviving‘“ (zit. in Dunlop/Spratt 2017, 5).
  • „Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hält es für schwierig, dass unter solchen Bedingungen eine Bevölkerung von mehr als einer Milliarde Menschen überleben kann. Das entspricht der Vernichtung von 90 Prozent des menschlichen Lebens“ (Maxton 2018, 35).
  • Harald Welzer spricht ebenfalls von „eine[r] Milliarde Menschen vielleicht. Eher weniger.“

>> vgl. Abschnitt Sind wir nicht (fast) alle mehr oder weniger kleine oder gar große Klimawissenschaftsleugner*innen?, S. 216.

Hier hakt auch Stefan Rahmstorf ein, der 2019 in der Zeit verlauten ließ:

  • „Viele Kollegen, die ich kenne, glauben, dass wir sowieso niemals auf vier Grad Erwärmung kommen würden, weil uns vorher die Wirtschaft zusammenbricht und die Welt in Konflikten versinken würde.“


Zurück zum ‚planetaren medizinischen Notfall‘:

Abseits der körperlichen Erkrankungen sind schon jetzt auch Zunahmen bei Klimakrisen-bedingten psychischen Erkrankungen zu sehen.

>> siehe dazu Aspekt Klimakrisen-Depression/Eco-Anxiety S. 206, und vgl. Aspekt vermehrte (u.a. psychisch bedingte) Gewalt gegen Frauen in der Klimakrise z.B. bei akuten Klimakatastrophen S. 423.


Die auftauenden Permafrostböden könn(t)en zudem längst vergessene bzw. überwunden geglaubte Krankheiten zurückbringen. Diesen Aspekt hielt der Autor dieses Handbuches lange Zeit für zu spekulativ, um ihn im Buch zu erwähnen. Die Bemerkung Graeme Maxtons, dass „[a]uf der sibirischen Halbinsel Jamal … ausgetretene tödliche Anthrax-Sporen [= Milzbrand] bereits lokale Rentierherden sowie einige Menschen infiziert haben … [und ü]ber 650.000 Rentiere … 2018 geimpft wurden, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern“ (2020, 31) veranlasst ihn nun doch die Aufnahme dieses Aspektes in dieses Handbuch.


Und auch die Covid-19-Pandemie macht ein weiteres Mal überdeutlich, worauf Forscher*innen seit Jahren dringend und weitgehend ungehört hinweisen: Dass Umweltzerstörung Virenausbrüche und Pandemien begünstigt.

Dazu ist es zunächst wichtig, hervorzuheben, dass ein Großteil der schlimmsten Krankheiten von gestern und heute in einem erweiterten Sinne eigentlich „Zivilisationskrankheiten“ des sesshaft gewordenen Menschen sind:

  • „Masern, Pocken, Tuberkulose, Syphilis, Malaria, Cholera, die Pest: All diese Plagen entstanden erst, nachdem wir unseren nomadischen Lebensstil aufgegeben hatten. Wir bekamen die Krankheiten [– Zoonosen genannt –] von unseren neuen Haustieren geschenkt. Oder um es genau zu sagen: von ihren Mikroben. Masern stammen von der Kuh, und die Grippe ist das Ergebnis einer Ménage à trois zwischen Menschen, Schweinen und Enten“ (Bregman 2020, 128).
  • „[S]chätzungsweise 70 Prozent aller humanen Infektionskrankheiten [sind Zoonosen]“ (Rigos 2020, 10).
…mehr

Auch die Schweinegrippe, genauer gesagt die Tatsache, „[d]ass Schweine überhaupt an Grippe leiden, die ja ursprünglich von Vögeln stammt, geht höchstwahrscheinlich ebenfalls auf das Konto des Menschen, der Hühner und Schweine auf Bauernhöfen in engen Kontakt brachte“ (Rigos 2020, 13).

Mit diesem Vorwissen kommen wir nun zu den konkreten Umwelt- und damit auch Klima-bedingt begünstigten Krankheiten bzw. Krankheitsrisiken:

Fledermäuse – von denen wahrscheinlich das aktuelle Corona-Virus übergesprungen ist – suchen sich, wenn ihr Lebensraum schwindet, ‚anthropisierte Nischen‘ und sind dem Menschen daher räumlich näher als früher (vgl. Eichhorn 2020, s.a. Rigos 2020, 10), was grundsätzlich eine Übertragung von Viren wahrscheinlicher macht.

  • „Vor allem der Verlust von Wäldern erhöhe das Risiko … [für das Überspringen von Krankheitserregern von Fledermäusen]. So gingen in Südostasien in den vergangenen 40 Jahren 30 Prozent der Waldbedeckung verloren, während sich Plantagen und Städte ausdehnten. Weltweit werden zudem mehr als 160 Fledermausarten für ihr Fleisch oder aus medizinischen Gründen gejagt“ (ebd.).

Das Problem beschränkt sich keineswegs auf Fledermäuse. Im Rahmen dieses Handbuches sei nur kurz ein weiteres Beispiel genannt:

  • In Indonesien ziehen Flughunde auf der Suche nach Nahrung vermehrt in die Städte, nachdem ihr natürlicher Lebensraum, der Urwald bzw. die Regenwälder immer weiter und flächendeckend gerodet werden. Hier lässt der für sie selbst unschädliche Paramyxovirus Schweine
  • „reihenweise [erkranken] – und nicht nur sie. Eineinhalb Jahre später hatten sich in Malaysia 265 Menschen bei den Schweinen mit dem Virus angesteckt, 105 starben an einer schweren Gehirnhautentzündung. Das Nipah-Virus ist geblieben: Mittlerweile flammt es regelmäßig auch in Indien und Bangladesch auf. Bis zu drei Viertel aller Erkrankten sterben. Vom ursprünglichen Wirt hat es sich emanzipiert, es kann auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden“ (Eichhorn 2020).

Richard David Precht hebt zudem vollkommen zurecht hervor, dass, „so richtig es ist, dass Menschen ihrer physikalischen und biologishen Umgebung heute größere Wunden schlagen als je zuvor in der Geschichte der Menschheit – ein neuartiges Virus erschafft die Natur deswegen nicht, allenfalls geschieht die Übertragung und Ausbreitung im Zeitalter schwindender Naturräume, dichter Bevölkerung sowie universaler Luftfahrt und Luftfracht schneller. Aber dafür sorgen immer noch Menschen… Corona ist nicht die Antwort auf verletzte Rechte [der Natur]“ (2021, 9).

Alexandra Rigos hält derweil für Greenpeace fest:

  • „Fest steht …, dass die Kombination aus Fledermäusen, Waldzerstörung und Massentierhaltung eine tickende Zeitbombe ist – und wir Menschen tragen dafür die Verantwortung“ (2020,13).

>> vgl. auch den Aspekt Viren, veränderte Landnutzung und Rindfleisch, S. 553.


Eckardt von Hirschhausen gebührt das Fazit dieses beklemmenden Kapitels mit den Worten:

  • „Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten“ (Alverde 2020, 74).

Hitzestress der Fauna

Alles gerät durcheinander: Zugvögel bleiben im Norden, Fische weichen in nördlichere Meere aus, andere Tiere finden keine Nahrung mehr, weil ihr Futter in die nördlichen Meere ausgewichen ist, Vögel brüten oder Fische laichen früher, aber die Nahrung für die Brut ist noch nicht gereift… etc. pp. etc. pp.

Hagen Rether 2009:
„Ich habe im November gespielt in Berlin. In Köpenick sind Krokusse gesprungen – und die Maikäfer sind geschlüpft im November – weil sie doof sind.“


Hitzestress der Flora

Blick auf den Südhang vom Brocken im Harz, August 2020
Blick auf den Südhang vom Brocken im Harz,
August 2020, eigene Aufnahme.

Nicht nur für Menschen ist die Einschleppung von Viren, Bakterien, Pilze, Schädlingen, Parasiten etc. von Bedeutung. Man denke hier im Bereich der Flora an den Borkenkäfer.

  • „Durch den Klimawandel werden … häufiger dem Borkenkäfer zuträgliche Temperaturen (> 18 °C) erreicht. Je länger die Sommerperiode ist, desto mehr Generationen können sich pro Jahr entwickeln. In natürlichen Fichtenwäldern in borealen Zonen oder im Gebirge, kann der Buchdrucker [– eine Unterart des Borkenkäfers –] oft nur eine Generation anlegen. Ein warmes Frühjahr mit Temperaturen über 18 °C und ein warmer Herbst können bis zu drei Generationen pro Jahr erzielen, was zur massenhaften Verbreitung der Buchdrucker führt… Zudem verursachen extreme Witterungen, dass Bäume verstärkt durch Sonnenbrand, Windwurf und Stress durch Wassermangel geschwächt werden. Solche Bäume werden dann auch leichter vom Borkenkäfer befallen“ (Greenpeace 2019).

Forstwirtschaftliche Monokulturen begünstigen den Befall:

  • „Der Borkenkäfer wird erst in Monokulturen zum Schädling.“
    (Alexa Gräfin von Plettenberg zit. in Faller/Grefe 2020, 16)

Borkenkäfer brauchen für einen Baum sechs bis acht Wochen (vgl. Köppe 2019) – dann ziehen sie weiter.

Mir persönlich drängt sich da das Bild von Loriots Steinlaus auf – nur geht es halt nicht um Beton.


Aber das Bild, das die riesigen Flächen mit toten kahlen Bäumen sich mir im Harz des Jahres 2019 im Unterschied zum Vorjahr geboten hat, ist schon beeindruckend – um nicht zu sagen: schockierend.

>> Das Ganze kann man sich auch auf einer interaktiven Karte namens ‚Global Forest Change‘ anschauen, hier herausgegriffen das Beispiel Harz (wenn Sie nicht wissen, wo Sie sind, mal rechts den Haken“ von „Data Products“ wegklicken oder darunter den Transparent-Layer-Schiebebutton verschieben. Sie können sich auf dieser Karte jeden Wald der Welt anschauen, oder auch Ihre unmittelbare Lebensumgebung: http://earthenginepartners.appspot.com/science-2013-global-forest/ (Abrufdatum 27.7.2019)


„Warnung vor dem Walde“, bei Bad Suderode, unterhalb von Thale, Juni 2022 – solche Warntafel finden sich überall im nördlichen Ostharz. In diesem Fall geht es nicht um den Borkenkäfer, da der Ostharz zu großen Teilen aus Mischwald mit hohem Buchenanteil besteht: Hier geht es um den allgemein schlechten Zustand des Waldes in Deutschland.

‚Waldsterben 2.0‘

So nennt der Förster und Vorsitzende des Bundes Deutscher Forstleute (BDF), Ulrich Dohle, das, was zurzeit in Wäldern Deutschlands abgeht: Mittlerweile ist übereinstimmend von einem erneuten, schon begonnenen Waldsterben die Rede, denn auch abseits von den Borkenkäfer-Opfern Fichten gibt es z.B. von Pilzen befallene Eschen. „[E]ine ähnliche Entwicklung zeichnet sich bei Ahorn ab“ (Köppe 2019). Das Hauptproblem sei [2019] vor allem die Trockenheit – im zweiten Jahr in Folge.

Details

Stand 2019. Auch im Jahr 2020 ist es in Deutschland mit Stand September deutlich zu trocken. Wir befinden uns abweichend von obiger Aussage nunmehr also im dritten Jahr. Bezogen auf 2018 und 2019: „Im Ergebnis zeigte sich, dass es seit 1766 in Mitteleuropa keine solchen zwei aufeinanderfolgenden Sommer-Dürren dieses Ausmaßes gegeben hat. Mehr als 50 Prozent der Fläche Mitteleuropas waren davon stark betroffen“ (SZ 2020a; vgl. Schwarz 2020, 9).

Auch die eigentlich widerstandsfähige Buche sei von Waldschäden betroffen (ebd.), was ein gewaltiges potenzielles Problem darstellt, weil die Buche einer der wichtigsten und weitverbreitesten Baumarten Deutschlands ist.


Henrik Hartmann vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena:

  • „Wirklich intakte Bestände sehe ich kaum noch. Stattdessen sehe ich Eschen sterben, ich sehe Buchen und Kiefern sterben. Und von der Fichte brauchen wir gar nicht zu reden“ (Seidler 2020b).

Forstwissenschaftler Jörg Ewald dazu:

  • „Die Buchen sind stark geschädigt und das ist wirklich beunruhigend, denn die Buche gilt eigentlich als eine robuste, gut an unsere Breiten angepasste Baumart… Aber jetzt sehen wir…, dass sie sehr stark von der Trockenheit betroffen ist… Die Dürre trifft den deutschen Wald im Herzen. Das Klima hat sich in einer Weise verschoben, dass es uns schwerfällt, damit umzugehen“ (zit. in Endres 2019).

Im Vergleich zu den 1980er Jahren ist

  • „das Sterben … viel dramatischer. Betroffen sind viel größere Flächen – und nicht nur einzelne Baumarten, sondern viele.“ „Viele Bäume sterben, auch alte Exemplare, und an manchen Orten sterben ganze Baumbestände. Davor kann einem schon angst und bang werden. So eine Situation kannten wir bisher nicht“ (ebd.).
Klöckner: „Jetzt ist er in weiten Teilen am Sterben,
und kaum einer redet davon.“ Eine Analyse:
„Look up“ Gary Turk – 61 Mio views, Stand Juli 2019
https://youtu.be/Z7dLU6fk9QY

CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erklärt im Juli 2019 in einem Moment ungewohnter Offenheit – ohne dass daraus eine m.E. angemessene Aktivität erwachsen wäre:

  • „In den Achtzigerjahren habe das Thema Waldsterben alle beschäftigt. ‚Jetzt ist er in weiten Teilen am Sterben, und kaum einer redet davon.‘“ (Zeit 2019b)


Christian Stöcker hat dazu die Zahlen:

  • „Schon im Mai 2020 lag die Expertenschätzung für die Waldfläche, die dieses Jahr zugrunde gehen wird, bei 400.000 Hektar. Das ist, sorry, zweimal so viel wie die Fläche des Saarlandes“ (2020).


Alexa Gräfin von Plettenberg, Agraringenieurin und Vorsitzende des Vereins Waldbesitzerinnen NRW hat

  • „60 Prozent Nadelhölzer in unserem Betrieb, vor allem Fichte… [E]twa ein Drittel des Waldes ist kaputt… [Wir machen im Moment] nichts anderes als … tote Bäume markieren, die gefällt werden müssen.“ (zit. in Faller/Grefe 2020, 16)

Pierre Ibisch, Biologe und Professor für Nature Conservation:

  • „Was wir jetzt erleben, hat neue Dimensionen… Das Modell der Monokultur aus Kiefern oder Fichten ist am Ende. Denn genau die verlieren wir sehr schnell durch die Folgen des Klimawandels. Und ich sehe tatsächlich extreme Szenarien: Es kann sein, dass diese Monokulturen in zehn, zwanzig Jahren nicht mehr stehen… [I]m schlimmsten Fall gibt es auf großen Flächen nur [noch] langsam nachwachsendes Gebüsch. Der Wald bekommt Druck von vielen Seiten, und es kann durchaus Synergieeffekte geben, die ihn großflächig kollabieren lassen, wo es besonders monokulturell und trocken ist… Zu viel Stickstoff aus dem Verkehr und Landwirtschaft verändert die Böden, Pestizide von den Feldern verringern die Zahl der Waldlebewesen1. Der Wald ist durch Straßen zerschnitten, und zu allem Übel legen die Förster auch noch ein dichtes Netz von Rückegassen an, um Bäume rauszutransportieren. Im Boden ist das lebenswichtige Geflecht aus Pilzen und Baumwurzeln gestört. Wald, das sind zunehmend Inseln in der offenen Landschaft, die sich besonders leicht erwärmen. So geschwächt, hat der Klimawandel mit ihnen leichtes Spiel“ (zit. in Faller/Grefe 2020, 17).
Details: Erläuterungen zu (1)

Eine im September 2020 veröffentlichte Studie zeigt, dass sich „Pestizide und deren Abbauprodukte … kilometerweit durch die Luft [verbreiten]… Glyphosat sei in allen Regionen Deutschlands und weit abseits von potenziellen Ursprungsäckern nachgewiesen worden… Selbst auf der Spitze des Brockens im Nationalpark Harz seien zwölf Pestizide nachweisbar“ (Zeit 2020c).

Gewissermaßen ist leider auch von einem ‚Förstersterben‘zu sprechen – es fehlt offensichtlich an Nachwuchs und finanziellen Mitteln. Warum der Harz so aussieht, wie er aussieht hat auch mit fehlenden Förster*innen zu tun:

  • „Es gab nicht genug Leute, um das Holz [der nach einem Sturm gefallenen Bäume] rechtzeitig aus den Wäldern zu holen“ – also bevor der Borkenkäfer zuschlagen konnte, sagt der schon eingangs zitierte Förster Ulrich Dohle im betreffenden Spiegel-Artikel (Köppe 2019, vgl. auch Endres 2019).

Auch interessant: In privaten Wäldern „ist die Lage jetzt besonders dramatisch“ (Endres 2019), weil hier vielfach im Unterschied zu öffentlichen Wäldern keine Investitionen unternommen wurden, um die Monokultur der Nadelbäume aufzubrechen (vgl. ebd., s.a. Aspekte Aufforstung und Verbiss, S. 469f.).


Ich stelle fest: Was nicht dem ‚Wachstum‘ bzw. Shareholder Value dient, fällt hinten rüber. Wälder, Bildung, Pflege, die nächste Generation, die Umwelt, das Klima… die Zukunft.

Es bedarf hier deutlicher Worte:

Ich schließe mich Rezo an, wenn er konstatiert, dass die CDU/CSU mit Stand 2019 in den letzten 36 Jahren 29 Jahre an der Macht war und somit maßgeblich unser Land geprägt hat – maßgeblich in einer zutiefst zerstörerischen Weise geprägt hat.

Denn egal, was unsere Merkel’sche Regierung vielleicht in der Vergangenheit in anderen Themenbereichen durchaus richtig gemacht hat:
Sie hat wider besseres Wissens nicht relevant versucht die Klimakrise zu verhindern, sodass wir nun auf den Abgrund zurasen. Und was nützt es, als Regierung andere Dinge richtig gemacht zu haben, wenn die Lebensgrundlagen der Bevölkerung durch die Klimakrise und Artensterben unmittelbar und existenziell gefährdet werden?

Packen wir das in ein Bild:
Nehmen wir an, Angela Merkel ginge zur Schule und würde neben 9 typischen Fächern wie Deutsch, Mathe und Musik auch im Hauptfach ‚Überlebenskunde‘ unterrichtet. Nehmen wir weiter an, am Ende des Schuljahres bekäme Angela Merkel überall eine „1“ – nur nicht in ‚Überlebenskunde‘: Da prangte im Zeugnis eine „5“ = ungenügend. Nun ergäbe sich folglich ein Schnitt von 1,4. Das Zeugnis sähe also soweit prima aus – aber: Kann man das Fach ‚Überlebenskunde’ ausgleichen?


Was wird man sich eines Tages über Angela Merkel erzählen?

Wir hatten mal sechzehn Jahre lang eine promovierte Naturwissenschaftlerin als Kanzlerin, die hat wider besseres Wissen erheblich und massiv dazu beigetragen, den Planeten an die Wand zu fahren?


>> vgl. auch Rezo (2019): „Die Zerstörung der CDU“. in: Youtube.de, 18.5.2019, Min 25f., online unter
 www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ/ (Abrufdatum 24.6.2019), s. a. Aspekt Der Realitäts-Schock in Abschnitt Intro S. 35.

>> Definition ‚Shareholder Value‘ = Unternehmensprinzip, demzufolge Gewinnmaximierung zu Gunsten der Dividenden der Aktionär*innen ‚über allem‘ stehe. Der ‚Erfinder‘, Jack Welch, bezeichnete dieses wohl 1981 entstandene Prinzip im Jahre 2010 als „die blödeste Idee der Welt“ (Büschemann 2010). „Man könne eben nicht auf Gewinnmaximierung abzielen, sondern müsse Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Wettbewerbsfähigkeit erhält man dadurch, dass man ein gewisses Ansehen hat“ (Fischer 2018, 498).


Exkurs ‚Waldsterben der 1980er Jahre‘

Wie war es da, wie schlimm war das wirklich?

War es – wie so Viele glauben – eine falsche Prognose?

  • „‚Viele halten das [aufgrund des sog. sauren Regens] prognostizierte Waldsterben von damals noch immer für eine Spinnerei… Doch das stimmt nicht.‘ Vielmehr hätten politische Maßnahmen wie der verpflichtende Einbau von Katalysatoren die Katastrophe verhindern können“ (Förster und Vorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute (BDF), Ulrich Dohle, zit. in Köppe 2019).

Der Biologe Pierre Ibisch:

  • „Dass der Wald in den Achtzigerjahren nicht gestorben ist, war ja ein Erfolg dieser [wissenschaftlichen] Warner. Die Hauptursache, Schwefeldioxid, wurde mit Filtern aus der Luft genommen“ (zit. in Faller/Grefe 2020, 16).

Folgen der Zunahme von Extremwetterereignissen

Die Klimaforscherin Friederike Otto vom ‚World Weather Attribution‘-Team stellt grundlegend fest:

  • „Das Wetter ist heute ein anderes, weil wir Menschen das Klima verändert haben“ (2019, 12).
  • „Jedes Wettergeschehen – ein Hurrikan genauso wie ein leichter Sommerregen – findet heute unter anderen Umweltbedingungen statt als noch vor 250 Jahren“ (ebd., 10-11). Und:
  • „Inzwischen hat jeder Sturm mit dem Klimawandel zu tun“ (ebd., 17) – mal mehr, mal weniger, aber der Einfluss ist prinzipiell immer vorhanden.

Mit mehr Energie im System ‚Erde‘ steigt die Häufigkeit von Extremwetterereignissen an, betreffend Temperaturen, Wind, Niederschlag und dauerhafte Wetterlagen inkl. Dürreperioden:

  • „Übereinstimmend wird eine hohe Verletzlichkeit der Hochspannungsnetze gegenüber Extremwetterereignissen, Stürmen und Schneelasten angenommen, welche in größeren Gebieten die Versorgungssicherheit beeinträchtigen kann. Auch können Hitzewellen zu einer verminderten Leistungsfähigkeit und zu Kapazitätsengpässen bei konventionellen Grundlastkraftwerken führen, da diese auf ein kontinuierliches Wasserangebot zur Kühlung angewiesen sind“ (Brasseur et al., 244).

>> vgl. in Abschnitt Die Physik des Klimawandels: Treibhausgase, S. 145 den Aspekt Extremwetterereignisse, S. 149

Man denke dazu an das Jahr 2018 und die

  • wochenlange Nicht-Schiffbarkeit des Rheins wegen zu niedrigen Flussständen mit großen Auswirkungen auf die Wirtschaft, die von Zulieferungen abhängig ist und die
  • Zwangsabschaltungen bei Atomkraftwerken aufgrund zu hoher (Fluss-)Wassertemperaturen in Frankreich.

Solche nunmehr zunehmenden Risiken sprechen übrigens interessanterweise

  • gegen Großkraftwerke, wie sie für die Vergangenheit maßgeblich waren – und
  • für eine dezentrale, kleingliedrige Energieversorgung, wie sie strukturell die zukunftsorientierten Erneuerbare Energien bieten.

Hitzeschäden

1,5 Min: Blow ups – tödliche Gefahr auf der Autobahn | BR24 24.7.2018, https://www.youtube.com/watch?v=V7_SPqwhHY4 (Abrufdatum 8.11.2020)

  • Naomi Klein leitet ihr Grundlagenwerk Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima mit dem Beispiel eines Flugzeugs ein, dessen Räder 2012 vor dem Abflug aus Washington 10 cm „in dem schwarzen Asphalt versunken [waren] wie in frischem Beton“ (2015, 10).
  • Hitzeschäden auf Straßen („Betonfahrbahnen“) in Form von sog. Blow-Ups sind insbesondere für Motorradfahrer*innen lebensgefährlich – und sogar der Sonne ausgesetzte Bahnschienen können verbiegen [=Gleisverwerfung] – mit gleichfalls potenziell tödlichen Folgen.
  • Österreich testet nunmehr Eisenbahnschienen weiß anzustreichen. Auch in der Schweiz und in Deutschland laufen derartige Versuche (vgl. Spiegel 2019a).

Zusammengefasst ist von einer größeren bzw. zunehmenden Vulnerabilität der Infrastruktur und damit auch der Gesellschaft zu sprechen. Gemeint ist damit, dass die Verletzlichkeit der Systeme und damit die Versorgungsunsicherheit – in jeder Hinsicht – zunimmt.

>> Der Politologe Dirk Messner hebt hervor, dass die Gesellschaft via Covid-19 erneut gemerkt hat, wie vulnerabel „selbst die wohlhabendsten Länder sind“ (2020).


3 min – Waldbrände auf Rhodos Juli 2023

Waldbrände, Missernten und Meeresspiegel

„Scott Morrison gehört zu der Garde rechtskonservativer Machtmenschen, die mit ihrer kurzsichtigen Politik den ganzen Planeten in Haft genommen haben. Er ist wie Donald Trump in den USA oder Jair Bolsonaro in Brasilien…“ „[W]er Rechtsradikale und Erzkonservative wählt, wählt die Klimakrise“ (Hahn 2019).


Waldbrände

Aufgrund von längeren trockenen Phasen, erkrankten Bäumen und höheren Temperaturen kommt es vermehrt zu Waldbränden – auch in Deutschland:

  • „Schon unterhalb von einem Grad Erwärmung dehnt sich demnach ‚mit hoher Konfidenz‘ [d.h. mit hoher (Forschungs-)Sicherheit] die Waldbrandsaison aus…“ (2019).

kommentiert dies Stefan Rahmstorf.

2 min – Waldbrände auf Rhodos Juli 2023


Das Erleben wir seit einigen Jahren ganz konkret

  • in Kalifornien, worüber bedauerlicherweise in Deutschland erst dann medial intensiv berichtet wurde, als die Promisiedlungen der Ortschaft Paradise als „Hölle auf Erden“ (Alt 2020, 14) abfackelten und auch Thomas Gottschalk sein ‚Anwesen‘ verlor (vgl. Spiegel 2018).1 2
  • 2020 an der US-Westküste in den Staaten Kalifornien, Oregon und Washington – also letztlich von Mexiko bis Kanada –, wo Trockengewitter mit Stand September eine Gesamtfläche quasi der Größe Schleswig-Holsteins in Flammen setzten (vgl. Buchter 2020). Die Luft ist vielerorts „‚gesundheitsgefährdend‘ oder ‚sehr ungesund‘“ (SZ 2020b). Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom wandte sich inmitten einer abgebrannten Landschaft u.a. Richtung Washington mit den Worten: „Wenn Sie nicht an wissenschaftliche Erkenntnisse glauben mögen, dann vielleicht an die erkennbare Realität“ (zit. in Buchter 2020).
    • September 2020: Neue Sachverhalte bringen neue Begriffe hervor: Zu den Bränden Kaliforniens zitiert die Zeit den Gouverneur von Washington, Jay Inslee, mit den Worten, es handele sich nicht um Waldbrände, sondern um Climate Fires, d.h. Klimabrände (vgl. Gaul 2020).
    • Ein Blick an den Himmel reichte im September 2020, um die Dramatik der Klimakrise sichtbar zu machen: „Der Rauch der Waldbrände in Kalifornien zog in der Erdatmosphäre bis nach Deutschland. Das ist der Grund, warum die Sonnenuntergänge bei uns gerade besonders kräftig strahlen. Obwohl Kalifornien 9000 Kilometer entfernt ist“ (Traufetter 2020).
  • 2018 in Schweden, wo etwa 40 Waldbrände wüteten und Schweden nicht über Löschflugzeuge verfügte, weil sie zuvor noch nie erforderlich gewesen waren (vgl. Welt 2019 u. Hermann 2019).
  • in Russland, wo seit vielen Jahren und überall im Permafrostgürtel, soll heißen im Polarkreis, in der Arktis, 2019 riesige Flächen von Wäldern in Flammen stehen (vgl. Kramer 2019): „Die wohl größten Brände, die unser Planet je gesehen hat – in einer der kältesten Regionen, die unser Planet kennt“ (ebd.; vgl. Aspekte Waldbände im Polarkreis, S. 109, Abschnitt Permafrost S.106).
  • im Amazonasgebiet, wo u.a. wegen legaler und illegaler Rodungen gewaltige Flächen von Regenwald abbrennen (vgl. Blickle et al. 2019) und
  • in Australien 2019/20,
    • wo noch vor dem australischen Sommer und dem gewohnten Beginn der Waldbrandsaison aufgrund von jahrelanger heftiger Dürre und extrem hoher Temperaturen gewaltige Flächen brennen, ja, gefühlt ganz Ost-Australien ‚in Flammen steht‘ (vgl. Spiegel 2019b). „Heute sind selbst Sümpfe so trocken, dass sie brennen“ (Deininger 2020, 3)3.
      • Besagte australische Waldbrände verursachten seit August 2019 (allein bis Mitte Dezember) rund 240 Mio t CO₂: „195 Millionen Tonnen davon entfallen auf den Bundesstaat New South Wales…“ (Spiegel 2019c). 240 Mio t CO₂ markieren knapp die Hälfte der gesamten jährlichen CO₂-Emissionen Australiens.4
      • Anfang Januar 2020, also noch während der andauernden Buschfeuer, schätzte der Ökologe Chris Dickman „highly conservative“, dass allein in New South Wales 800 Millionen Tiere in den Feuern verendet sind (vgl. Mannix 2020). Euan Ritchie, associate professor of wildlife ecology at Deakin University, schätzt die Sache insgesamt wie folgt ein: „Realistically, the number of animals killed in these fires is many, many, many billions. And we’ll never know what that true number is, because for some species we don’t know their abundance and what we have lost” (ebd.).
      • Zum Symbol geriet das Foto eines kleinen (d.h. jungen) aufrecht ‚stehenden‘, „sich offenbar in einem Maschendrahtzaun verfangen[en ‚Joey‘ genannten Kängurus, dessen Körper verkohlt war]“ (Rydlink 2020). Der Fotograf des Bildes, Brad Fleet, ergänzte: „‚Für die Tiere, die überlebt haben, wird es von jetzt an noch schwieriger‘… Das Feuer habe ihnen jegliche Lebensgrundlage genommen, es gebe kein Futter mehr und keine Unterschlüpfe“ (ebd.).5
      • Laut der Attribution Science (Zuordnungswissenschaft) erhöhte „[d]er menschengemachte Klimawandel [in Australien] die Wahrscheinlichkeit für eine feuerfreundliche Wetterlage um mindestens 30 Prozent“ (Götze 2020).
9 min – Waldbrände auf Rhodos und Korfu Juli 2023

In Deutschland herrschte im Jahr 2020, nachdem es seit einem Monat so gut wie gar nicht geregnet hat und im April lediglich „vier Prozent des langjährigen Mittels“ (Seidler 2020a) fielen, in einigen Regionen bereits Mitte April 2020 die höchste Stufe für Waldbrandgefahr:

  • „In mehreren Regionen Deutschlands rücken Feuerwehrleute aus, um Waldbrände zu löschen“ (Zeit 2020b). Bei einem dieser Waldbrände wurde in der Grenzregion die „[n]iederländische Ortschaft Herkenbosch evakuiert“ (Spiegel 2020b).


Wohlgemerkt: Das alles geschieht bei ‚nur‘ 1,2 °C weltweiter Erderwärmung und entsprechenden Änderungen der Niederschlagsregimes.


1,2 °C: Was wird bei noch höheren Werten passieren?


>> vgl. in Abschnitt Die Physik des Klimawandels: Treibhausgase, S. 145 den Aspekt Extremwetterereignisse, S. 149

Details: Erläuterungen zu (1) bis (5)

1 „Von den 20 schlimmsten Waldbränden in der Geschichte Kaliforniens ereignete sich die Hälfte seit 2015“ (Buchter 2019, 21). Weil es dort so knochentrocken im „heißeste[n] Sommer, den Meteorologen für Kalifornien jemals aufgezeichnet haben“ (ebd.) war, reichten marode (Überland-)Transmissionsleitungen und Hochspannungsmasten, um – wie schon rund 1.500 Mal zuvor seit 2014 – Waldbrände auszulösen. Die börsennotierte Firma Pacific Gas and Electric (PG&E) „kommt mit der Instandhaltung nicht hinterher… [hat aber] seit 2014 Dividenden im Wert von 3,5 Milliarden Dollar ausgeschüttet“ (ebd.). Das Unternehmen steht seit vielen Jahren „in der öffentlichen Kritik. Explosionen von PG&E-Gaspipelines töteten in den vergangenen Jahren neun Menschen“ (ebd.), die 2018er Brände kosteten 84 Menschen das Leben (vgl. Zeit 2020a). Und wer sich angesichts der verantwortungslosen Firmenpolitik an den im Jahr 2000 erschienenen Julia-Roberts-Film bzw. an den authentischen Fall rund um Erin Brockovich erinnert fühlt, liegt richtig: In den 1950er und 1960er Jahren verseuchte giftiges Chrom (VI) vom PG&E-Firmengelände bei Hinkley (Kalifornien) das Grundwasser (vgl. wikipedia 2020) und führte zu extremen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Bewohner*innen und vieler Kinder. „Lab tests showed that the chemical could cause breast, brain, lung, and other cancers, along with miscarriages, birth defects, and tumors“ (Pearl 2015). „In 1996, Erin and her lawyer Edward L. Masry settled their class-action lawsuit for $333 million, the largest settlement of a direct-action lawsuit in U.S. history (encaptioned Anderson, et al. v. Pacific Gas and Electric – Superior Ct., County of San Bernardino, Barstow Division, file BCV 00300)“ (SkillMD o.J.). Und wie sieht es heute dort in Hinkley aus? „The town Erin Brockovich rescued is basically a ghost town now there’s still hexavalent chromium in the water, the town’s houses are being knocked down, and the only place to buy beer is about to close“ (Pearl 2015).

2 Satellitenfotos der kalifornischen Waldbrände, die „[s]ogar aus dem All … das Maß der Katastrophe erahnen [lassen]“ (Spiegel 2020d) vom August/September 2019 finden Sie hier: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/waldbraende-an-der-westkueste-der-usa-das-inferno-aus-satelliten-sicht-a-27ef930b-3637-4fb6-9321-15dbc44d8357 (Abrufdatum 14.9.2020)

3 Diese Trockenheit führte u.a. auch dazu, dass ein Viertel von Sydney über eine Entsalzungsanlage mit Trinkwasser versorgt wurde/wird (vgl. Spiegel 2019d).

4 Ein beliebtes Argument in Australien ist, dass man „nur für 1,6 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sei. Wenn aber die Verschmutzung durch Exporte seiner fossilen Brennstoffe dazu gerechnet wird, sind es 5 Prozent“ (Wälterlin 2020, 5). Aber: ‚Nur‘ 1,6% bei 25 Mio Einwohner*innen = 0,32% der Weltbevölkerung ist aber auch für sich genommen ganz schön knackig.

5 Kurz zuvor war ein Video eines Koalas viral gegangen, der eine Radlerin (erfolgreich) um Wasser anbettelte: https://www.jetzt.de/umwelt/koala-bettelt-radfahrer-in-australien-um-wasser-an (Abrufdatum 18.5.2020) [ursprünglich auf instagram am 29.12.2019 von bikebug2019 gepostet]. In solchen Momenten, in denen ich das Video oder o.a. Foto anschaue, fällt es mir schwer sachlich zu bleiben… obwohl, eine Frage an Sie: Ist es unsachlich, die Frage aufzuwerfen, inwieweit es uns Menschen bzw. der Menschheit zusteht, bei unserem eingeleiteten kollektiven Suizidversuch (vgl. S. 686) auch noch die überwältigende Mehrheit aller biologischen Lebensformen dieses Planeten mit in den Tod zu reißen?


Missernten

All die vorgenannten Faktoren rund um höhere Temperaturen und Extremwetterereignisse haben neben dem Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen auch einen Impact auf die Landwirtschaft:

  • Mehr Starkwetterereignisse (inkl. Hagel, Starkniederschlagereignisse, Überflutungsgefahren) bedeuten mehr Ernteausfälle – Hitze bedeutet Hitzestress für das Vieh (insbesondere für das Rind).
  • „Auch Parasiten treten häufiger auf, die Nutztieren und Getreide, Obst und Gemüse zusetzen – um sie in Schach zu halten, kippen die Bäuer*innen dann umso mehr Pestizide auf die Felder und Äcker.
  • Ein weiteres Problem: Viele Nutzpflanzen sind darauf programmiert, nach dem Frost zu knospen und zu blühen. Oder, wenn es keinen Frost gibt, eben nicht“ (Otto 2019, 107-108, bewusst hier noch einmal zitiert).

Meeresspiegel

Und schließlich geht es bei den konkreten Folgen für die derzeitige Entscheider*innen-Generation (und deren Grundstücke in Küstennähe) auch um höhere Wasserpegel:

  • Über den zunehmend höheren Meeresspiegel ist zu sagen, dass die Norddeutsche Tiefebene gleich zweifach von der Nordsee und der Ostsee von steigenden Meeresspiegeln bedroht ist.


Womit allenfalls zart angedeutet ist, dass der Klimaschutz als Anpassungsmaßnahme z.B. durch Küstenschutz oder Erosions-Anpassungsmaßnahmen in Gebirgen eine Menge Geld kostet:

  • Die so investierten Gelder werden damit für andere Dinge wie z.B. für Soziales, Kulturelles oder sonstiges Infrastrukturelles nicht mehr zur Verfügung stehen.

Hier wird künftig auch so manche Immobilie betroffen sein – für einen fundamentalen Wertverlust reicht vollkommen, wenn die umliegende Infrastruktur bedroht, beschädigt oder zerstört wird. Oder das Haus in der Nähe der Küste bzw. auf Meeresspiegelhöhe steht.

>> s.a. Aspekt ‚Ewiges‘ Eis, Meeresspiegelanstieg & Gletscherschmelze, S. 99ff.


Apropos ‚Meeresspiegel‘:

Eine Beruhigungspille für die Menschen:
Ein Artikel des Hamburger Abendblattes zum Thema ‚Meerespiegel in Norddeutschland‘ vom 8. Februar 2022 in der Analyse.

„Klimawandel als Herausforderung für Schleswig-Holstein. Umweltminister stellt Generalplan Küstenschutz vor. 330.000 Menschen leben an den Küsten“. (S. 10, linke Spalte).

Auszüge aus dem Artikel:

Norddeutschland hat eine Küstenlinie von rund 1.100 Kilometern. Mit dem Generalplan „soll die Grundlage geschaffen werden, dass die Menschen an den Küsten auch in den nächsten Jahrzehnten in Sicherheit leben könnten… So sollen 74 Kilometer Landesschutzdeiche zu ‚Klimadeichen‘ umgebaut werden. … 360 Mio Euro… Bis Ende 2024 wollen Küstenschutz, Naturschutz und Tourismus gemeinsam eine Strategie für die Ostseeküste entwickeln, die nachhaltig und langfristig am die Folgen des Klimawandels angepasst ist… Bereits in den vergangenen zehn Jahren wurden etwa 25 Kilometer Landesschutzdeiche sowie drei Halligwarften verstärkt und 14,7 Millionen Kubikmeter Sand aufgespült. Etwa ein Viertel der Landesfläche von Schleswig-Holstein ist potenziell durch Sturmfluten gefährdet. Mehr als 330.000 Menschen leben in den überflutungsgefährdeten Landesteilen an Nord- und Ostsee.“

Analyse:

Der Bericht stellt die machtvoll betitelten Pläne „Generalplan“ und „Entwicklung Ostseeküste 2100“ vor. Wenn wir die Sicherheit der künftigen Generationen und der Menschen bis zum Jahr 2100 als Maßstab anlegen, dann ist festzuhalten, dass die absurd offensichtlichen Widersprüche der im Artikel benannten Zahlen nicht beleuchtet werden:

  • So werden für 360 Mio EUR 74 Kilometer Klimadeiche gebaut – während die Küstenlinie – wohlgemerkt die Festküstenlinie – 1.100 Kilometer umfasst. Klar ist, dass 74 km nicht reichen werden, sondern mindestens weite Teile der Küstenlinie zu ‚Klimadeichen‘ umgebaut werden müssen.
  • Würde man alle 1.100 Km umbauen, liegen wir bei: 1 km = 4.864.865 EUR; 1.100 km = 5.351.351.351 EUR. Mit dem Investment von rund 5,4 Mrd. EUR würde die Küstenlinie nach gegenwärtigen Prognosen (laut Artikel) noch für rund 80 Jahre zu halten sein.
  • Eine Drittelmillion Menschen ist gefährdet, wenn nicht weite Teile der Küstenlinie mit rund 5 Mio EUR pro Kilometer verstärkt werden.
  • Eine logische Folgerung wäre, dass wir um der Sicherheit willen und der Wahrung der derzeitigen Küstenlinie wegen unsere Art, Geld als Staat auszugeben, überdenken müssten. Diese Schlussfolgerung unterbleibt.
  • Die Tatsachen, dass 80 Jahre nicht viel sind und weitere Investitionen notwendig sein werden und es physikalische Grenzen beim Deichbau gibt, bleiben ungenannt.
  • Der Artikel verbleibt auf einer rein (nach-)erzählenden Ebene, Kritik an den Zuständen wird nicht geübt, die Folgerung, dass Deutschland derzeit weder die Ressourcen an Baumaterial noch die Fachkräfte noch die Energie dafür hat, diese Maßnahmen umzusetzen, bleibt unerwähnt.
  • Stattdessen wird einzeln aufgeschlüsselt hervorgehoben, was bereits an (unzureichenden) Maßnahmen – ich gestatte mir das Wort: ‚Beruhigungspillen‘ – durchgeführt wurde.
  • Auch die Erwähnung, dass der Tourismus an der Ostsee offensichtlich mitreden darf inmitten der Überlebenskrise der Menschheit bei der Deichgestaltung, wird nicht hinterfragt.
  • Alles in allem handelt es sich um einen m.E. bizarr unkritischen Artikel.
  • Die Kritik richtet sich folgerichtig auch an die unzureichenden Maßnahmen der staatlichen Behörden, die ihrer grundgesetzlichen Aufgabe in keiner Weise gerecht werden.

Es tritt allgemein hinzu:

Klimawandel gilt allgemein als threat multiplier oder auch als „Risikoverstärker in komplexen Systemen.“ (Brasseur et al. 2017, 287)

  • Er gilt als „Bedrohungsmultiplikator, der die Folgen durch komplexe Wirkungsketten in vernetzten Systemen verstärkt“ (ebd., 293);

Allgemein ist aus den vorherigen Ausführungen zu schließen, dass die Versorgungssicherheit, deren Gewährleistung so viele Bundesbürger*innen derzeit hinsichtlich des Themas ‚Energiesicherheit‘ umtreibt1, auch betreffend

  • die Ernährung und
  • lebenswichtige Medikamente für akut und chronisch Kranke,

schwieriger, mit mehr Aufwand als bisher und unter nur unter hohem finanziellen Einsatz – und möglicherweise aufgrund von instabilen globalen Lieferketten auch weniger zuverlässig – zu gewährleisten sein wird. Auch das wird Geld kosten, das an anderer Stelle fehlen wird.

Details: Erläuterungen zu (1)

Maja Göpel, Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und Mitglied des Club of Rome hebt hervor, dass das Argument der unbedingt zu gewährleistenden Versorgungssicherheit insofern quatsch ist, weil ausgeblendet wird, dass diese auch mit den Ansprüchen der Bürger*innen gekoppelt ist: Der Strombedarf wächst ständig – und es bleibt vollkommen unhinterfragt, dass ein ‚Genug‘ eben auch das erforderliche Grundniveau der Energieversorgung deckeln würde. „Versorgungssicherheit von Energie, von Nahrung, von allem bleibt implizit eine wachsende Größe. Die darf nicht gefährdet werden, egal auf welchem Niveau sie aktuell ist. Niemand macht sich die Mühe, zu erläutern: Was ist denn eigentlich Versorgungssicherheit? Wann ist genug? Das ist das nie ausgesprochene Selbstverständnis der Wohlstandsgesellschaft“ (2020).


Ein letzter Aspekt zum Thema ‚Klimafolgen für die Entscheider*innengeneration in Deutschland‘:

Aber die Renten, die sind sicher?

Dazu ist im 2017er „Wir sind dran“-Club of Rome-Bericht folgender Hinweis zu finden:

  • „Dass Umweltschäden nicht eingerechnet werden, heißt, dass sich der Druck auf jetzt schon knappe natürliche Ressourcen beschleunigt: Bäume werden gefällt, Gewässer verschmutzt, Feuchtgebiete trockengelegt und die Ausbeutung von Kohle, Öl und Gas forciert, wenn es dafür Käufer gibt. Und große Vermögen, etwa Pensionsfonds, sind gefangen in Fossilwerten, die man zunehmend als Hochrisiko einstufen muss“ (Weizsäcker 2017, 34 vgl. Böcking 2020).


Zu ergänzen ist, dass bei sich zunehmenden Ausmaßen der Klimakrise die Weltwirtschaft angesichts von drohenden (regionalen) Katastrophen, Ernteausfällen etc. pp. erwartbar in eher unruhige Fahrwasser geraten wird – was mutmaßlich auch Folgen für die angeblich so sicheren Renten hätte.

Deutschland ist ‚Exportweltmeister‘ – das macht uns aber gleichzeitig auch besonders abhängig von funktionierenden internationalen Märkten und könnte uns künftig auf die Füße fallen.

>> s.a. LebeLieberLangsam-Beitrag Kommen wir zur: Unbequemen Wahrheit. Hier geht es ebenfalls darum, dass es eine Illusion ist, zu glauben, wir Deutschen/Europäer*innen/Bewohner*innen und Rentner*innen der Industrieländer lebten auf einer ‚Insel der Seligen‘ >> https://blog.lebelieberlangsam.de/kommen-wir-zur-unbequemen-wahrheit


Doch nicht nur die Renten sind gefährdet:

Versicherungen neigen dazu, nur das zu versichern, was mit guter Chance kein Versicherungsfall wird.

Ein prägnantes Beispiel dazu führt die Filmreportage ‚Wetter extrem – Hitzewellen und Wassermassen‘ des NDR (Teil 2, ab ca. Min 11) auf: Vor dem ‚Jahrhundertsommer‘ 2018 hatte es im Sommer 2017 im Harz katastrophal viel geregnet mit dem Ergebnis, dass im Harzvorland ganze Städte unter Wasser gesetzt wurden. Mir persönlich ist aus der Zeit eine (aus Sicherheitsgründen im Schritttempo erfolgende) Bahnfahrt von Goslar nach Hannover in lebendiger Erinnerung geblieben, bei der sich mir der Eindruck aufdrängte, ich führe bei Springflut über den Hindenburgdamm nach Sylt: Rechts und Links über weite Strecken nur Wasser.

…mehr

Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (1847-1934) hat einen rückblickend eher als problematisch einzuordnenden Lebenslauf. Der 1927 eingeweihte Damm sollte daher – wie dieser Tage oft gefordert – umbenannt werden.

Der entsprechende Ausschnitt aus der Film-Doku: NDR (2019): „Wetter extrem – Hitzewellen und Wassermassen (2/3)“. in: YouTube, 30.8.2019, online unter https://www.youtube.com/watch?v=2QWdfoPAtHg, s.a. Folge 1: https://youtu.be/zmhw_JJt5QE u. Folge 3 https://youtu.be/k4rX90WcZdQ (Abrufdatum jeweils 2.7.2020)

In Bad Salzdetfurth,

  • „vor den Toren Hildesheims“, stieg „der Pegel der Innerste [– eines Nebenflusses der Leine –] … auf sieben Meter“. In der Folge liefen Keller und Erdgeschoss des Hauses der im Film vorgestellten Familie Wiebel voll, die Öltanks der Heizung schwammen auf. Zwei Jahre später hat „die Sanierung ihres Hauses bereits mehr als 100.000 Euro gekostet. Drinnen riecht es nach ausgelaufenem Heizöl, das in die Wände gezogen ist… ‚Wir haben komplett alles rausgerissen nach dem Hochwasser: Estriche raus, Fußbodenheizung raus, Elektrik … Es hat sich … Öl in den Leitungen hochgezogen… im Erdgeschoss haben wir komplett auf einen Meter die Steine austauschen müssen, also wirklich rausmauern und dann wieder reinmauern. Die Möbel waren sowieso … alle hin, wir haben alles einmal komplett entsorgt‘… Vier Monate musste die Familie bei Freunden wohnen. Und ihr Haus ist [zwei Jahre später] immer noch eine Baustelle… Auszuziehen, verkaufen, irgendwo anders nochmal neu anzufangen… ‚war nie richtig eine Option für uns. Das Haus war noch nicht ganz bezahlt – und wer kauft so ’ne Immobilie, die so beschädigt ist? Da hätten wir nichts für gekriegt und die Schulden wären trotzdem noch da gewesen, von daher war nur die Option, wir bauen es wieder auf und machen es für uns so zurecht, wie wir es haben wollen und versuchen es einigermaßen zu schützen mit den Mitteln, die wir haben‘. … [Familie] Wiebel wohnt seit 20 Jahren hier. Damals schien die Lage unbedenklich. Durch … [den Ortsteil] fließt nur ein kleiner Bach, die Innerste ist einen Kilometer entfernt. Deshalb war … [die Familie] nicht gegen Hochwasser versichert. ‚Vor 20 Jahren habe ich absolut nicht daran gedacht, so was in der Form abzuschließen. Und als man es dann machen wollte, hat mans nicht mehr gekriegt, weil auf einmal dann sind entsprechend die Zonen so eingeteilt sind, dass man keine Versicherung mehr bekommt.‘“

Ich habe großen Respekt davor, dass bzw. wie die Familie Wiebel ihr Schicksal so entschieden und tatkräftig in die Hand genommen hat. Doch bedeutet das alles auch: Ein weiteres Wetterextremereignis dieser Art hätte für viele Menschen im Harzvorland mutmaßlich den finanziellen Ruin zur Folge. So würde es Menschen dort ergehen, so ergeht es angesichts anderer Extremwetterereignisse auch Menschen in anderen Landstrichen Deutschlands, Europas, etc. pp.

Versicherungen schließen Wetten ab, die sie möglichst gewinnen möchten. Manager*innen des Versicherungswesens und erst recht von den die Versicherer absichernden Rückversicherungen wissen daher überdurchschnittlich genau darüber Bescheid, wie es um die globale Klimakrise tatsächlich bestellt ist. Ihnen sollte man genauer zuhören.

>> Siehe Analyse, Schadensbilanzen und Zukunftsperspektiven bei der Rückversicherung Munich Re unter
https://www.munichre.com/de/risiken/naturkatastrophen-schaeden-nehmen-tendenziell-zu/waldbraende-und-buschfeuer-klimawandel-als-aenderungsrisiko.html (Abrufdatum 2.7.2020)

Also: Versicherungen versichern nur, was erwartbar nicht eintritt. Daher werden in Deutschland mehr und mehr Objekte/Projekte nicht mehr oder zu immer ungünstigeren Konditionen versichert (werden).

Das bedeutet, dass

  • „[n]ationale und lokale Regierungen … sich um Probleme kümmern müssen, die der freie Markt nicht lösen kann. Zur Deckung der Kosten für Krankenhausaufenthalte von Hitzeopfern… und für die Erfüllung der Funktion eines Versicherers, wenn sonst niemand mehr einspringt, müssen höhere Steuern erhoben werden“ (Maxton 2018, 52).

>> Eine gut verständliche Zusammenfassung der globalen Wirkungen bei +1,5°, +2°, +3° und sogar +4° Celsius ist in der Süddeutschen Zeitung zu finden:
> Ebitsch, Sabrina et al. (2019): „Anatomie einer Katastrophe“. in: Süddeutsche Zeitung, online unter https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/was-die-klimakrise-wirklich-bedeutet-e946076/?utm_source=pocket-newtab/ (Abrufdatum 6.11.2019) (scrollen zum unteren Drittel ab „Was kommt also auf die Welt zu?“

>> s.a. Pendzich, Marc (2019): „Antrag auf Beiladung zur Greenpeace-Klimaklage gegen die Bundesregierung“. in: LebeLieberLangsam.de, online unter https://blog.lebelieberlangsam.de/klage/


Quellen des Abschnitts <em>Die konkreten Folgen der Klimakrise in Deutschland für die derzeitige Entscheidergeneration</em>


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